Nachdem die letzten Tage anstrengend waren, wird heute mal lang geschlafen. Und im Bett gechillt. Das geht gut in meinem Dschungel-Zimmerchen und dafür ist Urlaub ja auch mal da. Irgendwann bequeme ich mich, Frühstück zu machen und schaffe es ohne Elektroschock meinen eigenen Guayasa-Tee zu kochen.
Dann rufe ich meine beste Freundin Vanessa an. Zum erzählen, zum blödeln, aber auch um ein paar Sachen daheim zu regeln. Denn ob ich will oder nicht, die Heimreise rückt langsam näher und da will ein bisschen was organisiert werden. Das macht zwar nicht immer Spaß, aber wenn man dafür schon was zum Freuen hat in Österreich, ist das doch schön.
Genug gechillt, irgendwas will ich heute noch machen. Ein Freund von Scott schreibt, er hat eine Rafting-Tour. Ja warum denn auch nicht. Auf nach Misahuallí und geht schon. Damit das Boot voll wird kommt auch noch die halbe Familie des Guides mit. Nochmal Sonnencreme drauf und los gehts mit der Camioneta auf den Berg. Aber wie siehts denn hier aus? Abgetragene Hänge, ein Pool voll Schlamm, ein Rohr über den Fluss. Bergbau. Dieser hier ist aber legal, sagen die Guides. Irgendwie verfolgt mich dieses Bergwerksthema, werde nochmal nachrecherchieren.
Zuerst gehts aber mit dem Boot den Fluss runter. Fuß in die Schlaufe, Paddel in die Hand und los gehts. Wir brauchen eine Weile, bis wir gut und gleich paddeln. Der Fluss ist hoch, aber nicht zu hoch. Also gehts gemütlich dahin, nur ab und zu kommen einige Stromschnellen. Dann hüpft das Boot auf und ab, wir lachen und versuchen mitzupaddeln. Dann wieder eine große Welle, hops drüber. Wasser spritzt ins Boot.
Viel zu schnell hat sichs ausgespritzt und wir landen im Hafen von Misahuallí. Ich schmeiße mich ins Wasser, es ist angenehm kühl und relativ tief hier. Das Boot an Land gezogen und das wars auch schon. Immer noch nass mache ich mich auf den Weg zurück nach Magia Verde. Die Affen sind gerade auf den Straßen unterwegs, hüpfen über Autos und Bäume. Stets verfolgt von einer kleinen Menge mit Handys und Fotoapperaten ziehen sie ihre Show ab.
Zurück bei Scott verbringe ich geschlagene drei Stunden mit Reiseplanung. Ich will in die Sierra, in die Berge. Aber wie ich dort hinkomme ist die Frage. Denn die Panamericana, die große Straße der Sierra verläuft auf der anderen Seite der Berge. Man kann sich das also als einen Kreis vorstellen, Tena liegt auf der einen Seite und ich will genau auf die andere. Also muss ich entweder über den Süde bis nach Ambato und wieder zurück, oder zurück nach Quito und von dort weiter. Nervig! Also Freund_innen in Ambato konsultiert, herumüberlegt, wo ich einen Stopp einlegen will, ein ganzer Reisetag oder lieber aufgeteilt? Was will ich noch anschauen? Wie komme ich am besten zum Nationalpark Cotopaxi, wo laut Reiseführer keine Busse fahren (das hat sich später als Lüge herausgestellt, aber ja). All das beschäftigt mich eine Weile. Ich wälze Reiseführer bin mit dem Handy abwechselnd auf Air- Bnb und sonst was suchend. Kann ich das jetzt so machen, oder vielleicht doch anders? Was will ich eigentlich? Es dauert eine Weile, bis ein Plan steht, der auch nicht mehr umgeworfen wird. Dann noch schnell die Quartiere gebucht und passt. Am Donnertag gehts in die Berge. Eine schwere Geburt.
Gegen Abend kommt ein Schamane. Heute findet nämlich eine Ayahuasca-Zeremonie statt. Ayahuasca ist ein Gebräu, das von den Schamanen im Zuge ihrer Medizin verwendet wird. Die indigene Medizin sieht – im häufigen Gegensatz zur europäischen Schulmedizin – den Körper und den Geist als eine Einheit an. Wenn ein Teil davon krank ist, wird versucht ganzheitlich zu therapieren. Schamanen haben oft ein umfangreiches Wissen über die Wirkung von verschiedenen Heilpflanzen, aus denen sie dann Medizin herstellen.
Die Ayahuasca-Zeremonie soll der körperlichen und seelischen Reinigung dienen. Durch die Einnahme wird man in eine Art Trance-Zustand versetzt und bekommt Visionen. Laut dem indigenen Glauben kann man mit dem Espiritu in Kontakt treten, Antworten auf gestellte Fragen bekommen und viel über sich selbst herausfinden. Das wollen wir heute ausprobieren. Ich war zuerst skeptisch, weil ich schon oft von Ayahuasca gehört habe, allerdings immer mit der Warnung, dies nur mit einem erfahrenen Schamanen in gesichertem Rahmen einzunehmen. Ich rede ein wenig mit Galo, dem Schamanen. Er ist sehr verständnisvoll und mir von Beginn an sympathisch. Scott kennt ihn auch schon lange. Der Gemeinschaftsbereich der Lodge ist mit Lagerfeuer in einem bunten Tisch an Energiesteinen und sonstigen Schamanen-Sachen zu einem gemütlichen Zeremonieumfeld geworden. Galo erklärt genau, was wir machen werden. Jetzt oder nie, denke ich und beschließe mitzumachen. Eigentlich sollte man sich auf Ayahuasca eine Weile lang körperlich und mental vorbereiten. Ich habe nur ein paar Tage vorher Veggie-Diät gemacht und bin generell gerade viel am Nachdenken, was ganz gut gepasst hat. So grundsätzlich macht man das aber nicht spontan. Ich heute – nach Absprache mit Galo – schon. Was tut man nicht alles Verrücktes auf Reisen.
Die Zeremonie dauert fast die ganze Nacht, wir liegen ums Lagerfeuer und sind ein bisschen in anderen Sphären. Für mich war es eine interessante und sehr schöne Erfahrung. Zu sehr ins Detail möchte ich hier nicht gehen. Aus Privatsphäregründen und weil mich sonst alle für verrückt halten. Ich kann allerdings nur den Rat wiederholen, den ich selbst bekommen habe: Man sollte so etwas wirklich nur in gesichertem Umfeld und mit einem erfahrenen Schamanen, bei dem man sich wohlfühlt machen. Galo war die ganze Nacht über für uns da, hat immer wieder geschaut ob es uns gut geht und schamanisch geholfen, wenn jemand von dem Gebräu Magenprobleme bekommen hat. Also – wer Lust darauf hat: Probiert es aus, aber always stay safe.