Es geht nach langer Stille wieder ans Reisen. Diesmal in Europa, mit dem Zug und mit Vanessa. Dass wir jetzt in Norwegen gelandet sind und euch von hier aus ungefragt mit Eindrücken versorgen, hat eine lange Vorgeschichte.
Dezember 2022: Wir kaufen Interrail-Tickets. Wollen auf den Balkan. Oder sonst wohin, eigentlich egal. Das das mit dem Balkan nix werden wird war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht so ganz klar. Schon aber, als wir Monate später im Juni beginnen wollen, die Reise wirklich durchzuplanen. Und schnell die Ernüchterung: Irgendwie sind Balkan und Zug nicht die beste Kombination. Also fangen wir an Alternativen zu suchen. Spanien? Zu heiß. Schottland? JA! Aber nein, zu teuer. Doch Slowenien und Kroatien? Hm.
Plötzlich die Erleuchtung: Norwegen it is!
Mittlerweile ist der Juli angebrochen und die Reisepläne sind immer noch mau. Allerdings haben wir eine Nachtzugreservierung von Paris nach Wien, die wir nicht stornieren können und auch nicht verfallen lassen wollen. Also gehts eben von Norwegen nach Paris, weil der Flug nach Wien gleich viel kostet wie nach Paris.
Während wir also versuchen eine sinnvolle Reiseroute zu planen, Unterkünfte zu buchen und Zugverbindungen abzuklären kommt Julia die nächste, glorreiche Idee. Zum Interrail gehören nämlich auch schöne (?), große Rucksäcke – die werden mühsamst monatelang in freier Wildbahn, ah entschuldigt, natürlich online und auf der Mahü- gesucht.. Mit denen sitzen wir nun endlich am Bahnsteig, der Zug nach Hamburg wartet. Oder eigentlich wir auf ihn, denn Verspätungen gehören dazu.
Jedenfalls kommt der Zug irgendwann, wir sitzen drin. In einem ungemütlichen 6er Abteil, das anfangs sehr okay wirkt. Unsere zwei Mitreisenden sind gelassen und reden nicht viel, wir freuen uns. Das ändert sich in Linz schlagartig, als zwei möchtegern-coole Typen rund um die Midlifecrisis durch den Zug dröhnen, dass sie keine reservierten Plätze haben, aber trotzdem mitsamt ihrem Bier ein gemeinsames Abteil suchen. Und dann natürlich bei uns landen. An schlafen ist zunächst nicht mehr zu denken, weil Typ Strubelhaar eindeutig nicht da sein will und sich lautstark über die „Eisenbahn“ aufregt, die er kaufen und dann einstellen möchte, während Typ Gechillt versucht halbwegs brauchbare Konversationen zu betreiben. Naja, nach einer gewissen Weile dürfen Bubi und Bubi uns das Licht abdrehen und sind dann doch still.
Weniger still ist dann der Zwischenstopp in Nürnberg, wo alle wach werden. Und sich zahlreich darüber amüsieren, dass die maroden ÖBB-Sitze mit roher Gewalt ein Matratzenlager aus dem Abteil machen. Ob das so gedacht ist oder nicht, wissen wir bis zum Schluss nicht. Aber es ist bequemer. Nachdem die 2-Uhr-Früh-Lachkrämpfe geschafft sind schläft das ganze Abteil mal eine Weile. Und dann wird endlich „Ciao“ gesagt, als wir alle in Hamburg aus dem Zug steigen.
Wie lange wir in Hamburg chillen ist eine gute Frage, sicher aber statten wir McDonalds mehrfache Besuche ab. Und ein kleiner Spaziergang durch die Stadt geht sich auch aus, ein Franzbrötchen ebenso. Dann geht am Nachmittag unser Zug nach Kopenhagen – pünktlich, wie uns die Uhr verrät. Und wie wir kaum glauben können, angesichts der Tatsache, dass die Deutsche Bahn nicht zu den verlässlichsten Unternehmen zählt. Aber es passt uns gut, wir wollen eigentlich eh nur noch schlafen. Und ein bissi die weitere Reise planen. Als dann die Durchsage kommt, dass der Zug in Padborn stehen bleiben wird und uns demnach nicht weiter nach Dänemark bringen wird, Kopenhagen ade. Zur Verteidigung der DB: ab hier ist eigentlich die dänische Bahn zuständig. Wir werden in den nächsten Zug verfrachtet, weiter nach Fredericia. Dort allerdings stranden wir. Werden vertröstet, dass Ersatzbusse fahren. Ersatzzüge. Wir werden von Bahnsteig zu Bahnsteig gejagt, sitzen in einem Zug quer am Boden verstreut, um gesagt zu bekommen: Wir haben keine Crew, wir können nicht fahren. Ob Vanessa den Zug stattdessen steuern kann? Niemand weiß es, als wir den gefühlt 3. Zug besteigen, der uns angeblich nach Kopenhagen bringt. Oder in irgendein anderes Kaff, dass wir „Slaves“ taufen (die dänische Aussprache ist nicht leicht zu verstehen), wo dann ein Bus fahren soll.
Naja, wir haben das Glück, dass der Zug der sich dann mal bewegen beginnt sogar tatsächlich bis Kopenhagen bewegt. An dem Punkt haben wir schon einige Freund:innen gefunden – Menschen auf Interrail, die genauso wenig Dänisch können wie wir und dementsprechend unsere Verzweiflung teilen. Mit denen ist es dann auch ganz lustig, auch wenn wir mit mehr als drei Stunden Verspätung erst in Kopenhagen landen. Wir pilgern also mit Teilen dieser Menschen in unser Hostel, hüpfen unter die Dusche und dann ins Bett. Mittlerweile sind wir schon 26 Stunden unterwegs, von der fancy Kapsel, die wir im Hostel belegen, kriegen wir kaum noch was mit.