Spontanität und kein Strom

Chaos ist das perfekte Wort, um den Tag zu beschreiben. Eigentlich hatte ich ein gechilltes Wochenende vor. Das hab ich meinen Eltern auch in der Früh noch am Telefon erklärt. Eine Stunde später hatten wir dann doch andere Pläne, beziehungsweise hat mir ein Stromausfall ein wenig in den Wochenendplan gepfuscht.

Es ist 11:30 Uhr, ich habe gerade beschlossen mich nochmal ins Bett zu legen, weil gerade niemand Zeit hat zum telefonieren und ich immer noch müde bin von gestern. Gerade am Einschlafen schreit Felix herauf. Edwin möchte mit uns Tubing machen. Dabei schwimmt man auf zusammengeknoteten Reifen den Fluss hinunter, ziemlich cool. “Hmpf, ja”, antworte ich also verschlafen. “Wann?” “In 10 Minuten.” Ein wenig fluchend springe ich also wieder aus dem Bett, schnell mal umgezogen auf Kleidung die nass werden kann. Zwischendurch helfe ich Jonas noch schnell die Katze zu fangen, die sich nicht fangen lassen will. Sonnencreme brauchen wir, Kontaktlinsen sind auch praktisch. Das Licht geht auf einmal nicht mehr, was total praktisch ist wenn man grad Kontaktlinsen reingeben will. Naja, egal, schnell zu Edwin. Waren etwas mehr als 10 Minuten.

Leicht gestresst dort ankommend, erklärt uns Edwin, dass er und seine Freunde eh keine Tubing-Reifen bekommen haben, die nächsten sind erst in einer Stunde frei. Wir trotten also zurück nach Salem, soll ich mich jetzt wieder ins Bett legen? Es geht noch immer kein Strom. Unpraktisch, findet auch Edwin, denn dann kann man auch keine Tubing-Reifen aufblasen, sollten wir welche bekommen. Egal, ich geh wieder schlafen. 5 Min später:

“JULIA??”

“Hmpf, ja?”

“Edwin möchte mit uns ins Schwimmbad gehen, statt Tubing..”

“Wann?”

Das frage ich Edwin mal selber und bekomme zunächst mal keine Antwort. Aber ich fange schon vorsichtshalber an den Rucksack zu packen. “Jetzt!!”. Zum zweiten Mal an diesem Tag verfluche ich die ecuadorianische Spontanität. Wir rennen also wieder zu Edwin, wo schon das Taxi wartet.

Es gibt ein Schwimmbacken, ein Restaurant und eine große Wiese zum Volleyball spielen. Das wird dann auch gleich gemacht. Allerdings die ecuadorianische Version davon, Ecu-Volley. Dabei spielen 3 gegen 3 mit einem Fußball. Da wir zu acht sind, sind Sebas und ich Zuschauer_innen aka Schiedsrichter_innen aka Mango-Esser_innen. Danach spielen wir eine Runde Ultimate Frisbee. Macht mega Spaß, aber irgendwie hatte ich vergessen wir viel man dabei rennen muss. Wir laufen, springen, fangen und werfen uns auf den Boden. Irgendwann sind wir ko und spielen um den Matchpunkt, den die gegnerische Mannschaft holt. Aber egal, gut waren wir trotzdem. Jetzt ist uns eindeutig warm genug fürs Schwimmbad. Das kühle Wasser ist mega angenehm. Das Schwimmbad liegt in einem Tal, rundherum bewaldete Berge. Am Himmel sieht man immer wieder adlergroße Vögel. Sebas weiß wie sie heißten, aber ich habs mir nicht gemerkt. Imposant auf jeden Fall.

Felix schießt uns die Frisbee ins Becken und Edwin und ich verbringen eine ganze Zeit damit, eine neue Art von Frisbee zu entwickeln: Schaffen wir es, sie mit den Füßen zu werfen und wieder zu fangen? Fuß aus dem Wasser, verrenken, schwimmen, werfen. Das war wohl nix, die Frisbee landet irgendwo. Das erfordert jede Menge Übung. Und macht jede Menge Spaß. Ihr werdet schon sehen, irgendwann ist es eine olympische Disziplin, im Schwimmbecken mit den Füßen Frisbee zu spielen.

Müde vom sporteln und plantschen wickle ich mich in mein Handtuch. Mein Handy hat fast keinen Akku mehr. Wie lange wird der Stromausfall noch dauern? Er hat mich ziemlich eiskalt erwischt, Laptop und Powebank sind auch fast leer. Wie viel Zeit bleibt noch, meine Leute daheim zu erreichen, falls der Strom nicht mehr kommt? Eigentlich hätte ich einen Telefon-Marathon geplant gehabt, der ist jetzt mal auf morgen verschoben. Hopefully. Meine Gedanken kreisen. Von Strom hängt schon viel ab. Das Licht ist noch am ehesten zu verkraften, unpraktisch aber es gibt Taschenlampen. Das Wlan. Wie lang reichen die mobilen Daten am Handy? Wird das mobile Internet halten? Wir haben hier oft Stromausfälle, meist 1x die Woche für ein bis zwei Stunden. Manchmal ist aber auch nur eines der zwei Häuser auf dem SALEM- Gelände betroffen, oft auch nur das Wlan. Unter der Woche nehmen wir das meist entspannt, dann kann man eben kein Social Media Zeug machen, sondern Gartenarbeit. Und für die Kinder brauchen wir auch keinen Strom. Gekocht wird außerdem mit Gas, die Wasserpumpe hat Notstrom. Und zu tun gibts genug, bis der Strom wieder kommt. Am Wochenende hat das ganze irgendwie eine andere Dimension. Ich bin froh, dass mich Edwin und seine Freunde ins Schwimmbad entführt haben, der schöne Ort, viel Spaß und körperliche Aktivität lenken gut ab. Die Sorgen bleiben trotzdem ein bisschen.

Wir chillen in den Hängematten im Restaurant. Es fängt zu regnen an. Dann geht der Strom wieder, behaupten wir, denn der Regen wird ja mit Strom betrieben. Oder so. Jedenfalls ist der Regen aber ein Zeichen, dass wir die Rückreise antreten sollten. Und weil auf der Ladefläche mitfahren bei dem Wetter irgendwie unchillig ist, schauen wir mal wie viele Leute in ein Auto passen. Geht sich alles aus.

In Salem angekommen, brennt mir in meinem Zimmer schon das Licht entgegen. Strom ist wieder da, Sorgen unnötig. Ich werde trotzdem mal die Powerbank aufladen. Draußen vernehme ich ein klägliches Mauzen und Katze Butterbrot ist nirgends zu sehen. Wahrscheinlich traut sie sich wieder nicht vom Dach, denke ich. Aber das Mauzen wird immer kläglicher und hört nicht auf. Ich gehe also mit Taschenlampe auf die Suche. Auf dem Dach ist sie nicht, am andern auch nicht. Auf dem Balkon auch nicht. Das Mauzen kommt halt eindeutig aus dem dritten Volo-Zimmer, wo Psychologin Marcela sich einen Arbeitsplatz eingerichtet hat. Aber wie sollte die Katze dort reinkommen? Ich rüttle an der Tür. Miau Miau kommt von drinnen. Ich weiß zwar, wo Jonas die Ersatzschlüssel aufbewahrt, aber dieser Chefkasten ist gut versperrt und nur für den Chef zugänglich. Gerade als ich ihn anrufen will. Guckt mir aus dem Fenster ein Katzenkopf entgegen, Butterbrot hat die Zeit anscheinend genutzt, um das Gelsengitter auf der Seite aufzukratzen. Fensterglas hat das Zimmer keins. Kluge Katze. Jetzt hockt sie aber auf dem Fensterbrett, halb im Zimmer, halb heraussen, und schreit. Daneben ist die Balkonbrüstung. Ich hole mein Hängemattenseil, setze mich auf die Balkonbrüstung und binde mich behelfsmäßig fest. Das nutzt wahrscheinlich im Ernstfall wenig, aber gibt Sicherheit. Ganz nach vorne rutschen, als der Katzenkopf das nächste Mal aus dem Fenster schaut, erwische ich sie am Genick. Jetzt hat die Katze aber noch mehr Angst und krallt sich am Fensterrahmen fest. Mir zwei Händen schaffe ichs schließlich sie loszukriegen. Die Katze na mich gedrückt, rutsche im am Geländer wieder zurück. Katze was machst du auch.

Danach gehts in den Queztal. “Der Vogel, der Schokolade verkauft,” erklären uns die Kolleg_innen. Ein Queztal ist wirklich ein schöner Vogel, aber hier gemeint ist ein Restaurant. Hier spielen nämlich heute Miguel und Sebas mit ihrer Band. Sie spielen wirklich sehr gut Gitarre, Klavier und Cajon. Leider sind wenige Leute da, sie hätten ein viel größeres Publikum verdient. Rossy und Johny, die Eltern von Miguel, kennen wir auch schon, weil sie manchmal in Salem aushelfen. Wir verstehen uns super, applaudieren und trommeln auf den Tischen mit. Das Angebot, auf der Gitarre oder am Klavier mitzuspielen, lehne ich aber doch ab, dafür sind mir die Jungs zu gut.

Dann gehts für mich nach Hause. Edwin will zwar in 10 Minuten mit uns einen Film schauen, aber dafür bin ich heute zu müde. So schnell kriegt mich nichts mehr aus dem Bett. Ich kuschle mit der Katze, und die möchte euch übrigens auch liebe Grüße sagen, zumindest ist sie auf meine Tastertur gehüpft. Richte ich hiermit aus: .i88888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888888899999,,,,,,,,k

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