Süß, salzig, fruchtig, fremd.

Die letzten Tage sind geprägt vom Probieren und Kochen typischer Süßigkeiten und Speisen. Zuerst hatten die Kinder die Abschlusspräsentation zum Thema “Interkulturalität” und dann kommt ja auch noch Allerheiligen, hier “el Día de los Difuntos”, zu dem man hier leckere Sachen isst und trinkt. Und dafür stehen wir auch mal alle nach der Arbeit lange in der Küche.

Interkulturalität war das Thema des vergangenen Monats. Zum Abschluss führen die kleinen Kinder ein Lied und einen Tanz auf, die mittleren ein kleines Theaterstück und die Jugendlichen eine selbstgeschriebene Geschichte. Den Kleinen, die mich schon sehr gern haben, darf ich außerdem beim Schminken helfen. Das ist immer so mein Albtraum in der Kinderbetreuung, weil meine Kinder-Schminkkünste genauso eine Katastrophe sind wie meine Zeichenkünste. Aber ja, eine Sonne auf die eine Wange und eine Wolke auf die andere schaffe ich gerade noch. Und die Kinder freuen sich und tanzen und singen.

Nach dem Mittagessen heißt es dann nochmal Essensausgabe. Ganz im Sinne der Interkulturalität gibt es venezolanischen Kuchen, peruanische Kekse und viele Früchte, die die Kids von daheim mitgebracht haben. Kollegin Pame ist ursprünglich aus Argentinien und beglückt uns mit “Alvajores“, kleinen, süßen Kokoskeksen. Typisch ecuadoranisch sind Tostados und Cimbolito. Ersteres sind angebratene Maiskörner, so ähnlich wie Popcorn aber geiler. Zweitere sind Kuchen aus Maismehl, die in sowas ähnliches wie Weinblätter eingewickelt sind. Achira heißt die Pflanze, die in den Anden heimisch ist. Die Blätter werden nicht mitgegessen und hinterlassen einen leicht bitteren Geschmack auf dem süßen Kuchen. Ich wollte ja noch Kaiserschmarren machen, aber vor lauter Kinderschminken und Onlinelearning ist sich das nicht ausgegangen. Nächstes Mal. Die Kids freuen sich jedenfalls über die süßen Köstlichkeiten und wir auch. Über das doppelte Chaos im Comedor freuen wir uns aber nicht. Keine Ahnung wie wir den wieder sauber kriegen.

Am nächsten Tag gehts weiter mit den Vorbereitungen für den “Día de los Difuntos” auch genannt “Día de los Muertos”, Allerheiligen. Irgenwie ist die Woche ein bisschen voll. Aber dafür kommt nachher ein langes Wochenende. In Ecuador backt und isst man in diesen Tagen traditionell “Guaguas de Pan” (dt. Brotkinder), das sind Figuren aus sowas ähnlichem wie Strietzelteig. Machen wir morgen, ich werde berichten. Jetzt gilt es mal mit den Kindern “Guaguas” aus Karton zu basteln. Die Großen sticken darauf, die Kleinen kleben. Und freuen sich, dass ich wieder bei ihnen bin. Ich habe jetzt sogar schon eigene grüne Strickschuhe, mit denen die Kinder immer in den Gruppenräumen herumlaufen. Die brauche ich dann natürlich auch, und wenn ich mal drauf vergesse bringt sie mir ein Kind. Und in diesen Strickschuhen sitze ich zwischen ihnen, wuzle Papierbällchen, fülle Kleber nach und lausche Silvana, die auf Spanisch das Märchen von Goldmarie und Pechmarie erzählt. Die Kinder lauschen und basteln gespannt. Zwischen den Kinder-Sessions hab ich mich heut bisschen zerrissen, weil es gleichzeitig gilt einen Geburtstagskuchen zu backen (Stichwort: “Julia, wer backt denn Kuuuchen??), eben in den Kindergruppen zu unterstützen und eine Öffentlichkeitsarbeitsstrategie durchzubesprechen. Aber solange ich nicht Spender_innen schminke und Kinder in die Strategie einplane, sondern umgekehrt, ist alles gut.

Später gehts daran, Colada Morada zu machen, ein punschähnliches, süßes Getränk mit Früchten drin. Dafür muss man aber mal gefühlt 100kg an verschiedenen Früchten schälen, schneiden und kochen. Und deswegen hat Silvana das ganze Team zum helfen abkommandiert. So schneiden wir brav Ananas, Erdbeeren und Äpfel, kochen und zerkleinern Himbeeren und Andenbrombeeren und veranstalten damit ein blutig aussehendes Chaos in der Küche. Edwin, du stehst gefährlich neben mir wenn ich gerade die Brombeermasse ausdrücke. Warum die Besteckbehälter jetzt rot gepunktet sind? Ich wars nicht, hust, hust. Man merkt, dass wir mit Kindern arbeiten, wenn auf einmal jemand mit dem Schöpfer bewaffnet durch die Küche hüpft und dabei Chumbalaka Chumbalalka Chumbala singt, unser Difunto-Lied mit den Kindern. Hab ich euch verlinkt, damit ihr auch den ganzen Tag einen Ohrwurm davon habt so wie wir. Es geht im Lied darum, dass die Skelette aus dem Grab steigen und jede Stunde etwas anderes machen, eben tanzen oder Autofahren. Wir haben jedenfalls unseren Spaß, ob das so professionell auf die Elternversammlung wirkt, die Francia gerade im Nebenraum abhält, ist fraglich. Aber ich find ja immer noch, das mit Kindern arbeiten die tollste Ausrede dafür ist, selbst auch bisschen Kind sein zu dürfen.

“Wichtig ist, dass das Zeug violett (morada) wird und nicht anbrennt”, ist das Credo, das Fernanda alle Viertelstunden wiederholt. Wir wollen Colada morada keine Colada quemada (angebrannte Colada) und so wechseln wir uns mit dem ständigen Rühren ab. Die Basis des Getränks ist schwarzes Maismehl. Das wird Wasser und den ganzen passierten Früchten zum Kochen gebracht. Am Schluss kommt noch viel Panela und Zucker rein und Früchte in Stücken. Fertig ist das Getränk, wenn es tief lila und zähflüssig ist. Dann schöpft man es in eine Tasse, auf die Finger aufpassen weil heiß. Für die Fruchtstücke gibts einen Löffel dazu und süßes Brot wird auf der Tasse drapiert, erklären mir die Kolleg_innen. Fertig ist die Colada Morada, und wir auch. aber drei große Töpfe haben wir mit vereinten Kräften zusammengebracht. Der Día de los Difuntos kann kommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert