Heute ist es so weit, wir backen mit den Kindern Guaguas de Pan (Dt. Brotkinder), die typische Allerheiligenbäckerei Ecuadors. Das bedeutet einen schönen, aber sehr vollen Arbeitstag. Und bis zum Ende des Tages werde ich schon zur Meisterbäckerin ernannt. Trotz meiner Abneigung gegen das Gas-Backrohr.
Früh anfangen heißt es heute, um 8 (oder gut, 10 nach 8) steht die versammelte Mannschaft (ok, eigentlich Frauschaft) in der Küche. Und das, obwohl wir diese erst gestern um halb 6 verlassen haben. Aber was tun wir nicht alles für die Kinder. Einen Brotteig gilts zu machen. Wie? Das weiß niemand außer Patty. Sie hat früher mal in SALEM gearbeitet, kann so ungefähr alles von nähen, stricken, häckeln bis zu Käse und Brotteig machen und wird immer zu Rate gezogen, wenn wir mal nicht weiterwissen. Patty steht also mit dem Rezeptbuch da und wir versuchen zu machen, was sie sagt. Ein Germteig wirds. Zunächst mal muss irgendwer einkaufen gehen, denn wir haben nicht alles da. Hopp hopp. Das mit dem Wiegen ist auch nicht so einfach, weil hier die amerikanischen Maßeinheiten verwendet werden – Pfund bzw. Unze – und das pack ich bis jetzt nicht. Also lass ich besser die anderen Wiegen und kümmere mich um die Germ. Fleißig wird gewerkt. Was Jonas, du willst Teambesprechung machen, aber der Teig!!
Ich sollte vielleicht mal erwähnen, dass wir keinen Mixer oder Küchenmaschine haben. Das wird mit Schneebesen und Körperkraft erledigt. Dann wird geknetet. Edwin bearbeitet den Teig, ich halte derweil den Tisch fest. Teamwork. Dann kommen auch schon die Kinder und die Pädagog_innen gehen in ihre Gruppen, Patty und ich werden zu den Teigbeauftragten ernannt. Wir tanzen beim kneten mit dem Tisch durch die ganze Küche, weil den jetzt keiner mehr hält. Fernanda und Brian versuchen irgendwie neben unserem Teig-Chaos das Mittagessen zu kochen.
Jedes Kind bekommt ein Stück Teig und darf daraus sein Guagua formen. Die traditionelle Form ist eine Puppe ohne Hände und Füße. Eve sagt, das erinnert an indigene Traditionen, die ihre Toten früher mumifiziert haben. Mussten sie aufgeben, als die Spanier gekommen sind, weil das mit dem Katholizismus nicht vereinbar war. Generell findet man in den Traditionen hier viele indigene Ansätze, überlagert mit kolonialen Ideen. Eine typisch indigene Tradition ist es auch, das Lieblingsessen eines Verstorbenen zu kochen und damit auf den Friedhof zu gehen. Dann isst die ganze Familie dort, so quasi mit den Verstorbenen. Das machen heute aber nicht mehr viele Leute.
Zurück zu unseren Guaguas. Die Kinder denken nicht viel an Mumien hier werden Menschenfiguren, Puppen, Geister und Striezel geformt. Die werden dann mit einer Dotter-Milch-Mischung eingestrichen und kommen 30min in den Ofen. Theoretisch. Praktisch macht der Gasherd was er will. Und so gehts weiter den ganzen Tag. Teigbatzen abwiegen für die Kinder, ihnen beim kneten und formen zusehen, abstreichen, in den Ofen, einmal umdrehen, wenn geht nicht verbrennen lassen. Damits schneller geht, heizen wir sogar den alten Ofen mit an. Außer Fernanda wusste keiner, dass der noch geht, und es wundert auch alle. Der macht auch Gas und auch was er will. Nach 8 Kindergruppen und über 60 Guaguas bin ich Oberbäckerin, aber eine sehr erledigte Oberbäckerin. Die Kinder bekommen alle eine Tasse Colada Morada und ihr Guagua de Pan. Ich will jetzt erst mal keine Guaguas und keine Küche mehr sehen, verziehe mich auf mein Zimmer und überlasse das Abwaschen den anderen.
Erst als alle weg sind gönne ich mir auch die typischen Bäckereien. Ich muss sagen, die Arbeit hat sich schon ausgezahlt. Sie schmecken ähnlich wie Striezel und die fruchtige Colada Morada dazu ist super lecker. In diesem ruhigen Ausklang eines stressigen Tages gesellt sich Sulema zu mir, unsere pädagogische Chefin, die gerade im Urlaub ist. Sie ist nur zum Wäsche waschen da, aber setzt sich jetzt mit einer Colada Morada zu mir an den Tisch. Wir quatschen über die Kinder, Ecuador, Reisen und mein Leben hier.
Später falle ich einfach nur noch ins Bett. So toll die Guaguas auch geworden sind – die Küche sieht mich die nächsten Tage nur wenns unbedingt notwendig ist.
Liebe Julia! Die schauen so richtig toll nach Kindern aus☺️
Wie sind die denn so toll bunt geworden?
Kling nach einem echt produktiven Tag und man kann richtig nachfühlen, wie du dich am Abend gefühlt hast 😉.
Hallo Elena,
Ja, die sind echt lieb geworden. Das bunte ist Lebensmittelfarbe. So gute Farbe, dass meine Finger noch 2 Tage danach blau waren haha. 🙂
Bravo Juli! Die sind super geworden und sehr kreativ von den Kids verziert 🤗 das erinnert uns sehr an deine Lebkuchenmännchen, die durften wir immer erst als Letzte essen!!!😁😁😁
Sehr anstrengend aber auch schön! 😃