Kopfüber durch den Nebelwald

Auf Drahtseilen über die Baumwipfel sausen, eine lange Wanderung machen und unterm Wasserfall baden, das steht heute am Programm.

An einem so vollgeplanten Tag wollten wir eigentlich früh aufstehen. Schaffen wir so halb, David und ich drehen schon eine Dorfrunde zum Bankomaten, kaufen Brot, frischen Orangensaft und Katzenfutter. Dann fällt uns auf, dass irgendwie noch niemand Felix gesehen hat. Der verschläft gerade. Laute Musik und an die Türe bumpern schafft Abhilfe, dafür sind Freund_innen ja da.

Mit dem Taxi gehts zum Camopy. Das sind Flying-Fox-Lines mit Doppelseilen von einem Bergende zum anderen. Hoch und cool, müssen wir machen. Und weil wir ein paar Leute kennen, gibts auch extra Voluntario-Tarife. In Kletterausrüstung gehts zu den Seilen. Die Sicherheitssysteme wirken gut. Vor dem ersten Mal hab ich trotzdem ein bisschen Bammel, aber schnell überwiegt die Freude. Ein Gefühl wie Fliegen und eine wunderschöne Aussicht über den Wald. Unsere Guides Steeven und Benjamin wollen uns aber ein bisschen herausfordern. Ausprobieren muss die Überraschungen immer Felix, der dann auf einmal kopfüber oder in Superman-Pose am Seil hängt und losgeschickt wird. Machen wir natürlich nach. Steeven schnallt mich an sich dran und hält meine Beine in die Höhe. Los gehts. Arme ausstrecken! Aahhhhhh, das ist verrückt alles. Ich muss sagen, auf dem Kopf stehend ist der Nebelwald nochmal schöner. Aber schreien muss ich trotzdem.

Dann gehts weiter zu den Wasserfällen. Bei der Seilbahn sind viel zu viele Leute, deswegen wandern wir ein Stück. Sollte nicht so weit sein, aber wer hier die Wegzeiten berechnet hat, fragen wir uns den ganzen Tag. Es geht matschige Wege entlang von einem zum nächsten Wasserfall. Zwischendurch wird Picknick gemacht, leckeres Eis gegessen, dann einmal die Wanderschuhe ausgezogen und durchs Wasser gewatet. Beim größten Wasserfall sind wir dann allein, die restlichen Touris tummeln sich um die anderen. Wir gehen baden. Der Wasserdruck ist nicht ohne und das Wasser in der Tat ziemlich kalt. Wir sind eben am Berg. Trotzdem finde ich mich immer wieder unterm Wasserfall wieder. Das rauschende Wasser übertönt alle anderen Geräusche in der Luft, wir haben dieses Stückchen Natur gerade für uns alleine. Idyllisch.

Der Abstiegt geht schnell, wir wollen die Tarabita, die Seilbahn, noch erwischen. Und weil Sonja und ich nicht mehr können, muss uns Felix eine Geschichte erzählen. Von einem Waldkobold. Abgelenkt wandert sichs tatsächlich besser. Aber die ganze Anstrengung hat sich nicht ganz ausgezahlt, erklären uns die beiden Guides an der Abzweigung. Bei der Tarabita wartet man gerade mindestens eine Stunde. Unsere Lösung: Uns einfach mal zu ihnen setzen und Kekse essen. Einer hat Felix und mich eh schon in Mindo gesehen und sich gefragt, wer wir sind. Die Frage wird gerne beantwortet. Beim Quatschen kommt heraus, dass iener der Guides vor nicht allzu langer Zeit in Österreich war. Er zeigt mir Fotos von Salzburg, vom Wiener Stephansdom und weiß noch, dass in Leopoldau die rote U-Bahnlinie fährt. So ist die Zeit dann auch schnell um und wir kommen zur Seilbahn. Felix packt schnell die Drohne aus und wir sausen hinüber. In Gesellschaft eines kleinen Hundes, der auch mitwollte.

Wir kommen wir jetzt den Berg hinunter? Taxi rufen ist langweilig. Wir wollen Pickup fahren. Ein Glück, dass die Quiteños (Leute aus Quito), mit denen wir uns vorher auf den Wasserfällen angefreundet haben, einen ebensolchen haben. Alle auf die Ladefläche. Unser Freund fährt sehr vorsichtig und langsam den Berg hinunter, kein Vergleich zu den Taxifahrern hier.

Den Abend verbringen wir gechillt in SALEM und kochen Nudeln. Ich zeige Sonja, wie man Zitronen pflückt und wo das Zitronengras wächst. Beim Essen wird höchst produktiv über Politik, Medien, Wirtschaft und Klimawandel diskutiert. Später sitze ich mit David am Küchentisch und wir quatschen übers Landleben. Er hat mich schon heute Früh anhand meines Raiffeisen-Rucksacks als ursprüngliche Niederösterreicherin entlarvt. Er kommt ursprünglich aus der Steiermark. Wir tauschen Anekdoten über das Aufwachsen zwischen Kirche, Blasmusik und witzigen Familientraditionen aus. Das versteht sonst auch selten wer.

2 Kommentare

  1. Pingback:Schnell mal Fluss, Schmetterlinge und Abschied – weltnarrisch

  2. Großtante Roswitha

    Hola Julia,
    na da hattet ihr ja ein ganz schön turbulentes Wochenende. Reiten, wandern, fliegen, tanzen, ihr habt alles durch. Außer vielleicht ein wenig zu schlafen, nun ja wird wohl bei so viel spannenden Ausflügen überbewertet.

    Der Ausblick auf den Regenwald von oben muss überwältigend sein, traumhaft.

    Jaja, und Landleben verbindet. Gut, dass der Rucksack schon so viel von dir verrät.

    Adiós, mach es gut,
    Roswitha

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