Wir haben einen Tag länger gebucht als der Rest unserer Gruppe, deswegen gibt’s heute Privattour mit David. Und das zahlt sich wirklich aus. Wir haben das kleine Paddelboot und die anderen setzen uns am Weg aus dem Dschungel in einem Seitenarm ab. Jetzt wird brav gepaddelt. Ich merke sofort den Unterschied zum schnellen, lauten Motorboot mit dem wir sonst unterwegs sind. Das hier ist eine viel purere Erfahrung. Wir paddeln los, David lenkt hinten. Das Wasser ist recht seicht, schnell sitzen wir auf einem Baumstamm auf. Und vorm nächsten Baumstamm müssen wir uns eine Runde ducken, oder Limbo tanzen, wie David vorschlägt. Qir sehen ein anderes Boot und den Fressplatz von Ottern. Vom Seitenarm geht es in einen See, der zum “Flooded Forest” gehört. Also gucken überall Bäume aus dem Wasser. Total schön.
Ums Boot herum sehen wir Piranhas. David erklärt, dass das Hauptnahrungsmittel von Piranhas eigentlich Früchte sind. Nur wenn sie nicht genug Früchte finden, greifen sie andere Tiere an. Und selbst dann zuerst die kranken und jungen. Die Geschichte, dass man mit einem blutenden Zeh im Wasser Piranhas anlockt stimmt also genauso wenig wie die Sache mit den Penisfischen. David haut mit der Angel auf die Wasseroberfläche, dann kommen die Piranhas nämlich. Und siehe da, schon nach dem zweiten Versuch beißt einer an und zappelt in unserem Boot. Er ist orange schimmernd und wir dürfen ihn halten und seine Zähne begutachten.
Wir fahren weiter zu den Bäumen, die aus dem Wasser ragen. David ist nämlich nicht nur Guide, sondern achtet auch auf die besten Fotospots und das ist so einer. Ich halte das Boot an einem Baum fest, Maja erklimmt derweil den anderen, dann wird getauscht. David ist der Fotograf. Cuyabenos Next Topmodel. Es ist auch echt nett auf so einem Baum mitten im Wasser. Weil die Piranhas immer noch da sind, dürfen wir selbst angeln versuchen. Köder drauf, ein bisschen aufs Wasser schlagen, rein, warten, ziehen wenn etwas zieht. Ich siehe wohl ein wenig zu viel, denn der Fisch schießt an der Angel aus dem Wasser, macht einen Bogen über das Boot und fällt auf der anderen Seite wieder rein. Filmreif. Das ist dann wohl die vegetarische Art zu Fischen.
Durch den kleinen Nebenarm wird zurückgepaddelt, mit Vögeln und Limbotanzen. Das mit dem Aufsitzen kriegen wir schon besser hin. Und mit dem kleinen Paddelboot kann man auch viel näher ran an alle Vögel und alles, was uns David sonst noch so zeigen will.
Zurück im Hauptarm dürfen wir schwimmen gehen. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und schwimme neben dem Boot her. Maja hat währenddessen ihren Sonnenplatz am Bug gefunden. So treiben wir eine Weile dahin. Dann fängt es an zu regnen. Das erste Mal in unserer Zeit hier. Zuerst tanzen dünne kleine Tropfen auf der Wasseroberfläche, dann wächst das Ganze zu großen Platschern an. Und Während Maja und David auf dem Boot alle Handys und Co in Sicherheit bringen bin ich im Wasser einfach nur fasziniert von dem Naturschauspiel, dass sich direkt vor meinen Augen abspielt. So schnell wie der Regen gekommen ist, ist er dann auch wieder vorbei. Und als ob dieser Magic Moment noch getoppt werden könnte taucht ein paar Meter von mir etwas aus dem Wasser auf. Delfine. Bleibt drinnen, Julia, aber bewegt sich nicht viel, ruft mir David zu. Ich halte mich am Boot an, um die Delfine nicht unnötig zu verschrecken, David lenkt es im Kreis. Den Delfinen gefällt das, sie tauchen mal links, mal rechts vom Boot wieder auf. Und ich schwimme da, so ruhig und leise wie möglich, keine vier Meter von ihnen entfernt. Und bin sehr glücklich.
Erst nachdem die Delfine weg sind lasse ich mich dazu überreden auch mal wieder aus dem Wasser zu kommen – schließlich wollen wir zum Mittagessen zurücksein. Also fleißig paddeln. Die Sonne brennt wieder vom Himmel, wir gleiten den Fluss entlang. Und schaffen es tatsächlich tatsächlich pünktlich und hungrig zum Mittagessen.
Als hätten wir nicht schon 200 Insta-Fotos starten wir heute noch ein Fotoshooting in der Korbschaukel, auch Ei genannt. Die ist aber einfach auch zu verlockend, so mit Wasser und Wald im Hintergrund. Dann kosten wir die Tarzanschaukel noch aus. Die macht mir mittlerweile richtig Spaß. David haut sich währenddessen richtig rein. Schiebt ein Kanu in die Mitte vom See und filmt unsere Sprünge von unten.
Genug gesprungen, Abfahrt zum Sonneuntergang. Diesen ein letztes Mal genießen. Mit Musik und Dschungelgeräuschen. Mood. Ich schwimme ums Boot und war heute wohl mehr im Wasser als draußen. Das ist halt auch wirklich eine nette Abwechslung zu den kalten Wasserfällen in Mindo. Die Laguna ist mittlerweile ziemlich seicht, merke ich beim springen. Ich kann schon fast stehen. Wir treiben am Wasser, bis die Sonne wirklich unten ist.
Dann halten wir wieder am Fluss ausschau nach nachtaktiven Tieren. Wir finden einen Babykaiman. Wo ist er? Fragen die anderen. “Wenn es nach David geht gleich im Boot”. Antworte ich. Ich habe nämlich auf Spanisch verstanden, dass David den Bootsführer bittet, ihn langsam zum Ufer zu bringen. Und ich habe recht. Mit gekonntem Griff fängt David den kleinen Kaiman und trägt ihn seelenruhig aufs Boot. Dabei erklärt er auch gleich den Unterschied zwischen Kaimanen und Krokodilen: Erstere haben Löcher im Oberkiefer, in die die unteren Zähne beim Zubeissen schließen. Krokodile haben das nicht, deswegen sieht man bei geschlossenem Maul auch die unteren Zähne und sie beissen wesentlich ungenauer. Wieder was gelernt. Der Baby-Kaiman wird wieder in die Freiheit entlassen.
Zurück in der Lodge Packen wir mal unser Chaos zusammen. Wir sind nämlich irgendwie schon zwei Chaosqueens, aber es passt alles in den Rucksack. Dann liegen wir ewig in den Hängematten, quatschen mit David, mit dem wir uns supergut verstehen. Irgendwann fallen uns allen die Augen zu. Zeit fürs Bett.
Sternenhimmel. Dann werfe ich noch einen letzten Blick auf den Sternenhimmel. Den, den ich von daheim anders kenne und in Mindo nie sehe. Ich entdecke das Himmels-W, das mich zumindest vertraut anblinkt. Und ich vermisse diese sommerlichen Campingnächte in denen man unterm Sternenhimmel einschlafen kann. Kurz überlege ich das hier zu machen, aber dann verziehe ich mich doch ins Zimmer untet das Moskitonetz. Ein ander mal. Der Sternenhimmel wird auf mich wartrn. Dieser hier oder der daheim. Denn der Sternenhimmel bleibt da und wartet, egal ob man ihn gerade sieht oder nicht.