Heut passiert irgendwie nix. Die Pädagoginnen haben frei, Felix ist in Quito seine Freundin Donna vom Flughafen abholen, Maja hat Urlaub genommen und ist am Strand. Also finde ich mich basically mit Edwin und Cesar wieder und Jonas, der aber den ganzen Vormittag in Reuniones verbringt.
Der Rest von uns versucht derweil Wege zu reparieren, Videos zu schneiden und die Gaslieferanten dazu zu kriegen, dass sie uns Gas liefern. Das Lied vom Gaswagen hören wir nämlich schon zum dritten Mal, aber irgendwie fährt er nicht vorbei. Und wir haben halt echt kein Gas mehr, Felix und Eva haben schon die Gasflasche von der Küche für den Trockner geklaut. Aber das Gaswagen fährt ja ein paarmal die Woche musizierend durch Mindo. Nur zu uns nicht, Sule ruft die Gasleute an. Und ich lerne, wie man in Ecuador Rechnungen ausstellt.
Obwohl ich mich gestern Abend noch sehr dagegen gewehrt habe, koche ich doch. Eigentlich nur, weil ich selbst Hunger habe. Aber das Kochen und Backen fürs Team geht mittlerweile so schnell von der Hand, dass es gar nicht mehr auffällt ob ich jetzt für eine Person koche oder für mehr. Wenn nur danach nicht immer die Küche so dreckig wäre…. Aber da hilft Jonas beim Aufräumen.
Außer halt mal wieder Stromausfall. Den finde ich aber nicht so gechillt wie gestern mit Kerzenschein. Der triftigste Grund dafür ist, dass meine Recarga, mein Handydatenguthaben, heute ausgelaufen ist und ich damit unterreichbar bin und auch keinen erreiche. Unpraktisch, genau an dem Tag an dem ich geplant hatte ausgiebig nach Hause zu telefonieren. Außerdem ist die Vorstellung, heute Abend allein im Dunkeln zu sitzen, auch nicht so prickelnd. Stress. Und abgesehn davon, was mache ich jetzt mit meiner Arbeitszeit? Geplant hätte ich an der Website zu arbeiten und die Uhr im Musikzimmer zu montieren. Tja, Bohrmaschine und W-Lan gehen dann wohl nicht.
Jonas geht nach Hause, da hat er Notstrom und W-Lan. Und weil ich ja dort weiterarbeiten könnte, lade ich mich einfach bei ihm ein. Das Angebot, unter Chef-Aufsicht W-Lan zu schnorren klingt immer noch verlockender als Däumchen drehend in SALEM zu sitzen und auf den Strom zu warten. Der kommt nämlich, erklärt Jonas, wie ich schon vermutet habe aus Richtung Quito. Ihr wisst schon, die Strecke wo wie neuerdings immer hoffen, dass es der Bus irgendwie durch schafft und nicht die doppelte Zeit braucht, auf der wir den Steinschlag kassiert haben und auf der zurzeit wegen des vielen Regens alles wegrutscht, was rutschen kann. Und auch das, was eigentlich nicht kann. Jedenfalls reicht ein umgestürzter Baum oder ähnliches um die Stromversorgung erst mal zu kappen. Dann ist das Problem meist eh in 2-3 Stunden gelöst, was ich für das Gelände, wo die Stromleitungen laufen, bemerkenswert finde.
Also zu Jonas. Er gibt mir seinen Schlüssel, ich kann schon mal vorgehen und mich ins Wohnzimmer setzen. Das W-Lan Passwort hat er vergessen mir zu verraten, ups. Also komme ich auch nicht viel weiter, bis er kommt. Aber bei Jonas sehe ich zumindest mal was anderes als SALEM und es gibt guten Kaffee. So quatschen und arbeiten wir dahin, bis er mich ins obere Stockwerk verbannt, unten macht er jetzt Besprechung mit Sule. Ich fühle mich schon kind of wie eine Einbrecherin in seine Privatsphäre, da jetzt in seinem Haus auf dem Sofa zu chillen. Aber Jonas’ Haus ist supergemütllich und außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Da wird halt eben mal das Chef-Haus zum Büro ernannt. Mit dem Flussrauschen im Hintergrund und einem Ausblick vom Balkon arbeitet sichs außerdem gut.
Ein Problem bleibt aber bestehen: Das fehlende Datenguthaben auf meinem Handy. Aber das sollte sich ja leicht wieder aufladen lassen. Möchte man meinen. Aber obwohl mit Jonas abgesehen vom W-Lan noch sein ecuadorianisches Konto borgt brauche ich einiges an Zeit und Nerven, bis mich mein Handyanbieter wieder in seinem Netz begrüßt. Aber was lernt man nicht alles, besonders halt improvisieren.
Mit Datenguthaben versorgt und die Arbeit erledigt, verabschiede ich mich in den Feierabend und telefoniere noch eine Runde mit meiner Familie. Dann gehts Kerzen kaufen, denn die erscheinen langsam sehr wichtig. Auf dem Rückweg vom Kerzen kaufen ist dann aber eh der Strom wieder da. Die nächste Aufgabe, die mich ab jetzt täglich grüßt, ist das Hühner einfangen. Ich verfluche das letzte Kücken schon ziemlich, als ich ihm eine halbe Stunde nachrenne und dann fast genauso nass und matschig bin wie an Karneval. Aber zum Glück geht ja die Waschmaschine wieder. Und am Abend schaffe ich es tatsächlich noch Ordnung in mein Zimmer zu bringen. Die hat bis vorgestern ja Vanessa gehalten und ich finde nix mehr. Dann noch Blogbeiträge geschrieben, von denen zurzeit sage und schreibe 14 auf Veröffentlichung warten. Wundert euch also nicht, dass ich immer ein paar Tage hintennach bin zurzeit. Kommt alles noch. Sofern ich Strom und W-Lan habe. Wenn nicht, lade ich mich vielleicht wieder bei Jonas ein. Jetzt weiß ich ja, dass er Notstrom hat.