Rundreiserückblick: Ich bin jetzt mal dabei alles aufzuschreiben, was ich während unserer langen Reise im Februar so an Gedankenfetzen protokolliert habe. Und da geht es darum, das oft vieles anders ist.

Manchmal bin ich schon so in meinem ecuadorianischen Alltag drinnen, dass ich vergesse, was eigentlich alles anders ist. Jetzt auf der Reise, mit meinen österreichischen Freund_innen fällt mir einiges wieder auf. Aber mit fällt auch auf wie anders Ecuador in sich sein kann. Dieses Land hat einfach so viele Facetten, dass man sie unmöglich alle fassen kann. Das Ecuador in Mindo ist nicht jenes der Sierra, das wiederum nicht jenes der Costa. Alles davon ist wunderschön und eindrucksvoll. Vielleicht gerade weil alles anders ist.

Die Sierra, die ecuadorianischen Anden. Auch für mich neu, denn die bisherigen Urlaube haben mich bisher nur an die Küste geführt.

Wir fahren durch die Anden, Ausschnitte aus der tollen Bergaussicht könnte man ohne Probleme in die österreichische Steiermark verpflanzen. Dann steht wieder aus dem Nichts ein Alpaka auf der Straße, nein, das ist schon sehr ecuadorianisch. Die Straße schlängelt sich den Berg hinauf und hinunter – und ist auf einmal weg. Der Regen der letzten Tage hat einen ganzen Straßenabschnitt zum Wegrutschen gebracht. Aber die Leute haben einfach daneben am Berg eine Schotterstraße gebaut, die sich Rudi jetzt hinaufkämpft. Mit Naturgewalten, mit Veränderungen leben, das ist hier die Devise. Und wenns ein Problem gibt wird nicht lang gejammert, sondern eine Lösung gefunden. Und dann ist die Straße halt einfach woanders.

Die Air-Bnb-Wohnung in Cuenca. Sie hat so europäischen Flair, dass man sie nach Wien pflanzen könnte. Ein großes Wohnzimmer, eine moderne Küche, ein Fernseher und eine Couch, Möbel, die aussehen wie aus dem Ikea-Katalog. Alles in grau, weiß gehalten, modern. Eine Dusche mit abnehmbarer Brause. Das alles bringt mich fast in Versuchung zu vergessen, wo ich eigentlich bin. In Versuchung, das Klopapier wieder ins Klo zu schmeissen und nicht wie hier üblich in den Mistkübel. Weil halt alles wirkt wie in Europa, so schnell schaltet mein Hirn um.

Der Supermarkt in Ambato, der ähnlich einem großen Interspar ist und mich einfach überfordert. Obwohl hier in Ecuador, symbolisiert er für mich den Überfluss, den ich nicht mehr gewohnt bin. Ich würde hier von Avocados über Mandelmilch bis zu einem Mixer und Unterhosen wahrscheinlich alles bekommen. Wenn ich es finden würde, in diesem Möchtegern-El-Dorado. Ein ganzes Regal mit Sonnenblumenöl, gefühlt 50 verschiedene Marken. Wer braucht das, frage ich mich? Ich stehe vor dem Süßigkeitenregal. Milkaschokolade, Lindtkugeln, Cookies. Kenn ich aus Österreich, bekomme ich in Mindo nicht. Vermisse ich manchmal. Genug um das jetzt mitzunehmen, um den dreifachen Preis wie in Österreich? Nein, bringt mich weg von diesem Süßigkeitenregal, ich will das alles gar nicht mehr sehen. Und raus aus dem Supermarkt, ich glaube zurück in Wien beantrage ich Einkaufunterstützung, wer soll sich denn da zurechtfinden. Unseren Einkauf schaffen wir aber doch, Vanessa hat den Supermarkt im Griff.

Linzertorte und Apfelstrudl im Café Austria. Eines meiner Highlights in Cuenca. Meine Mama hat ja letztens wieder mal Linzertorte gebacken und mir ein Foto geschickt. Mehr als ein Foto schaffts dann aber doch nicht nach Ecuador von den Leckerbissen. Die Torte hier schmeckt nicht genau wie bei meiner Mama. Aber es ist eindeutlich eine Linzertorte. Und ein Apfelstrudel. Und ein Cappuccino, ein guter Kaffee, wie ich ihn aus Wien gewohnt bin. Das Cafe macht seinem Namen schon alle Ehre und ich schwengle in Geschmäckern von daheim. Das hatte ich wirklich lang nicht mehr.

Was ich auch lange nicht mehr hatte sind Nutella und die Nic Nacs, die Jeremia mitgebracht hat. Das Zeug ist hier nur in den Großstädten im Supermarkt (in den Supermärkten die mich überfordern) zu horrenden Preisen zu bekommen. Umso geiler, dass wir auf der Reise einen kleinen Vorrat davon haben, der gierig verschlungen wird. Und viel mehr wert ist, wenn man ihn lange nicht mehr hatte. Einen kleinen Schatz hat Vanessa außerdem mitgebracht: zwei Packungen Kinderschokolade. Eine ist auch als Reisesnack draufgegangen, die andere liegt auf meinem Regal und fungiert als Schatzkiste für besondere Momente. Denn so toll die Schokolade hier ist, Kinderriegel sind doch ein bisschen Heimat. Und außerdem lösen sie Probleme, finde ich.

Damit hier niemand glaubt wir hätte hier nichts leckeres zu essen gibts aber auch die andere Seite: Ecuadorianische Köstlichkeiten, die ich schon fix in meinem Speiseplan verankert habe und über die sich mein Besuch hermacht. Avocados. Ohne schlechtes Gewissen tonnenweise Avocados essen zu können, Tomaten-Avocado-Salat, Nudeln mit Avocado, Avocado aufs Brot… ich glaube ich muss eine Entzugskur in Wien machen. Außerdem: Bananenchips, Chifles. Die sind nicht so ungesund wie die normalen Chips (behaupten wir zumindest) und einfach geil. Zum Snacken, in den Salat, für Zwischendurch, einfach immer. Ich frage mich ja bis jetzt, ob am Flughafen aufgefallen ist, das Vanessa und Jeremia einen halben Koffer Chifles exportiert haben.

Und schlussendlich einer der Punkte, an dem wir am meisten gemerkt haben wer gerade wo sozialisiert ist: Bäume. Felix und ich haben uns nämlich aufgeführt wie kleine Kinder zu Weihnachten, als wir in der Sierra einen Nadelbaum entdeckt haben. Wir dachten schon, die gibts hier gar nicht. Zu Weihnachten gibt es sie jedenfalls nicht, da hilft man sich mit Bambus aus. Die Berg-Tage waren also geprägt vom Nadelbaum-Bewundern, als hätte ich noch nie welche gesehen. Und unser Besuch? Die haben sich über die Palmen am Strand gefreut und die Banananenbäume in SALEM bewundert. Die finde ich schon ganz normal. Das Ende von der Geschichte? Ein Park in Ambato. Da haben wir nämlich einen Nadelbaum neben einer Palme gefunden und waren alle glücklich. Eine Metapher dafür, dass fremd und anders relativ ist und gleich und anders doch manchmal sehr nah beieinander stehen kann.
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