Rundreiserückblick. Unsere Reise ist ja Dank Vanessa sehr gut durchprotokolliert und viele wunderschöne Erinnerungen sind festgehalten. Was mir beim Reisen aber immer am meisten im Kopf bleibt sind bestimmte Momente. Lustige, emotionale, schöne, absurde. Deshalb gibts hier eine – sehr persönliche – Momentesammlung von unserer Rundreise. Vorhang auf.

Mein Atem geht ruhig, durch die Tauchermaske beobachte ich den Meeresgrund unter mir. Das Wasser ist seicht, vielleicht 1.5 Meter tief. Große bunte Fische schwimmen relativ unbeeindruckt unter mir durch. Manche sind blau, mit gelben Flossen, andere eher bräunlich. Die Wasserpflanzen wiegen sich mit den Wellen. Ich schwimme weiter raus, die Wellen spielen mit mir. Das Wasser wird tiefer. Kann ich hinunter tauchen? Ein bisschen. Tief unter mir sehe ich Seeigel. Riesige, die Stacheln sind fast 10 cm lang. Total schön, aber ich bin froh, dass die so weit unten sind. Jeremia zeigt mir einen Rochen. Der ist gut getarnt neben einem Stein. Beides grauschwarz. Hinter dem Rochen ist ein Kugelfisch, aber da komme ich nicht runter. Ich lasse mich weitertragen von den Wellen bis das Wasser wieder seichter wird, zum Ufer hin. Irgendwann nehme ich den Kopf wieder aus dem Wasser, die Maske ab, denn das Leben über Wasser ist hier auch interessant.

17.02.2022, Los Frailes

Rudi: kriecht den Berg hinauf.
Vanessa: come on Rudi
Felix: Ich bin in der zweiten.
Gelächter…

09.02.2022, zwischen Quito und Quilitoa

Irgendwie ist so eine Rundreise schon wie eine Klassenfahrt. Und dazu gehört auch, dass man mal mitten in der Nacht aus irgendwelchen Gründen im Zimmer der anderen auftaucht. Unser Grund ist das Heizungsrohr, das durchs andere Zimmer läuft. Da ist es nämlich wärmer. Und sie schmeißen uns nicht raus, haben sie versprochen. Nach einer Viertelstunde Gekicher sind wir uns da nicht mehr sicher. Jeremia hat nur ein bisschen Angst, weil das Hochbett über ihm vor Gelächter wackelt, Sandra will die Lehrer holen und Felix sagt einfach gar nix mehr. Aber so ist das halt auf Klassenfahrt.

09.02.2022, Quilitoa

Da hinstellen, auf drei springst du. Vorher nochmal in die Kamera lächeln. Was passiert hier eigentlich? Bevor ich darüber nachdenken kann bin ich schon gesprungen und hänge mitten im Wasserfall. Huii, das Wasser prasselt auf mich herunter, der Guide seilt mich weiter ab. Hin und her durch den Wasserfall, bis ich irgendwann im Becken stehe. Hinter mir die anderen, mit großem Grinsen im Gesicht. Geht das nochmal? 

12.02.2022, Baños

Julia: Da warat a Sperrlinie.

09.02.2022 – 22.02.2022, eigentlich überall.

Sperrlinien werden aber im ecuadorianischen Straßenverkehr generell nicht so ernst genommen. So wie alles andere auch. Sehr ernst genommen wird dafür hupen. Und mir wurde nach ein paar geflissentlichen Hinweisen auf Sperrlinien von den Fahrer_innen verboten, mich von der Rückbank weiter einzumischen. Einzig ein “Achtung” vor Bodenschwellen wurde noch geduldet.

Wir fahren noch fast zwei Stunden bis zu unserem Strandhaus. Aber die Nacht ist klar und es ist sowieso schon spät. Jeremia möchte Sterne schauen. Der Himmel liegt klar über uns, so viele Sterne hab ich wirklich noch selten gesehen hier. Den Gürtel des Orion finde ich schon, er funkelt hell. Wir stehen zu dritt neben Rudis Motorhaube, sie ist noch warm. Mein Blick in den Nachthimmel und plötzlich, still und leise, gleitet eine Sternschnuppe über mich dahin. Langsam verglüht sie, mein Herz hüpft. Und hat gleich einen Wunsch parat, aber den verrate ich natürlich nicht. Stattdessen suche ich lieber das Himmels-W, das sich hinterm Horizont versteckt. Der große Wagen ist halb da. Anders als zuhaus, wo die beiden immer da sind. Auf einmal ein lautes “Muuuhhh” aus der Dunkelheit. Ich mache die Handytaschenlampe an. Direkt neben der Straße ist ein Weidegatter. Eine junge Kuh hat ihren Kopf durchgesteckt und guckt uns genauso verdutzt an wie wir sie. Vielleicht findet sie die Sterne ja auch schön. Oder fragt sich einfach, was wir da tun. Muuuh.

19.02.2022, irgendwo zwischen Bahia de Caraquez und Perdernales

Wir fahren die Straße entlang, Hirte mit Alpakas.

Wir alle: ooohhhh.

Alpaka : in eindeutiger Stellung auf anderem Alpaka.

Wir alle: ohh!

10.02.2022, irgendwo in der Sierra

Es ist mittlerweile finster, aber wir wollen noch ins Meer. Die ganze lange Autofahrt haben wir darauf gewartet. Ich renne den Strand entlang in die Wellen, Jeremia und Felix kommen nach. Wir hüpfen mit den Wellen mit. “Da war ein Seestern”, sagt Jeremia auf einmal. Wirklich? Die Wellen wiegen wieder. “Da ist ein Seestern.” sagt Jeremia und legt ihn mir in die Hand. Jetzt wird er also begutachtet, der kleine Stern, im Dunkeln zwischen den Wellen. die Sterne am Himmel habe sich schon wieder hinter den Wolken versteckt. Und diesen kleinen Stern entlassen wir auch schnell wieder in die wiegenden Wellen.

15.02.2022, Puerto Lopez

“Wann habt ihr geplant morgen wegzufahren?”
– Jeremia betreibt beim Fortgehen laufend Mathematik, um die Promillewerte und Schlafstunden der morgigen Autofahrer_innen im Blick zu behalten. Praktisch. Und beeindruckend.

Ambato


Vooorsicht Felix, da stehen Alpakas und Schafe auf der Straße!!

eigentlich immer in der Sierra

Die Linzertorte schmeckt nicht genau wie bei meiner Mama. Aber fast. Und der Apfelstrudl ist auch warm und lecker. Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieser typisch österreichischen Sachen mal so feiere. Aber wenn man so lang weg ist, vermisst man dann doch irgendwie die stereotyp österreichischen Sachen. Und ein Cappuccino, einen guter Kaffee, wie ich ihn aus Wien gewohnt bin. Das Cafe Austria macht seinem Namen schon alle Ehre und ich schwengle in Geschmäckern von daheim. Das hatte ich wirklich lang nicht mehr.

14.02.2022, Cuenca

Rechts abbiegen, sagt das Navi. Die Straße schaut aber nicht gut aus, sagen wir. Rudi hüpft, alle auf der Rückbank fluchen, Fahrer_in entschuldigt sich und fährt langsamer. Bringt auch nix. Dann irgendwann sind wir wieder auf einer normalen Straße. Wir haben zwei Minuten kürzer gebraucht, sagt das Navi. Danke, für die Abkürzung, Navi. Und vor allem für die Bodenwellen.

Rechts abbiegen, sagt das Navi. Nein, sagen wir.

Eigentlich immer und überall

Es ist spät, eigentlich sollten wir ins Bett gehen. Aber irgendwie sitzen wir hier auf der Hafenmauer, starren das Meer und den Himmel an. Felix und Sami packen die Ukulelen aus. Eine kurze Jam-Session muss sein. Ukulelenklänge und Gesang schallen durch die Nacht. Das ist so ein Ort und ein Moment, wo das hinpasst.

18.02.2022, Puerto Lopez

Bleib stehen, Felix. Hinter der Kurve ist ein bunter Markt aufgetaucht. Früchte in allen Formen und Farben. Felix muss in der nächsten Kurve umdrehen, das können wir uns nicht entgehen lassen. So eine bunte Ansammlung von Früchten muss man mal finden. Rot, gelb, grün, pink strahlt es uns entgegen. Wir drüben viel probieren und verlassen den Markt mit Drachenfrüchten, einer Kakaofrucht und drei verschiedenen Sorten Bananen.


15.02.2022, zwischen Cuenca und Guayaquil

Darf ich die Bananenschale aus dem Fenster schmeißen? Darüber freue ich mich wie ein kleines Kind. Fenster runter, einmal ausholen, Treffer ins Grüne. Wer hat noch aller seine Banane fertig gegessen? Schalen zu mir.

ich, zu jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit

Wann stehen wir auf? Um 8.
Ich: Spiele um 10 nach 8 Conquest of Paradise über Lautsprecher ab.
Felix und Sandra: Nicht begeistert.
Das rote Pferd kommt auch nicht viel besser an.

14.02.2022, Cuenca

Eigentlich dürfen nur vier Personen auf das obere Deck des Boots, zum Kapitän. Wir sind jetzt schon 7 insgesamt, und 2 Ukulelen. Die werden auch brav bespielt, während wir von der Isla de la Plata den Weg zum Festland antreten. Die Sonne brennt vom Himmeln, das Boot schaukelt, um uns herum Wellen, Gesang und Ukulelen. Ich finde ja, die nächste Reise in dieser Besetzung könnte ein Segel-Trip in Kroation sein. Das Ambiente hätten wir schon mal drauf.

17.02.2022, Isla de la Plata

Wir: Kommen nur ein bisschen laut vom Fortgehen heim.
David: geht Rasmus hinter dem Kühlschrank hauen

Ambato

Die Autofahrt geht mittlerweile allen auf die Nerven. Wir machen Stop, irgendwo im Nirgendwo. Ein Parkplatz, ein schöner Ausblick und ein altes verfallenes Schwimmbad, dass wir gleich erkunden. Und ein paar Kinderriegel heben die Stimmung auch gleich wieder. “Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann” wird Bestandteil der Auto-Playlist. Weil genau das Gegenteil der Fall ist. Schokolade wollen wir alle immer.

15.02.2022, zwischen Cuenca und Guayaquil

Wir sehen schon die Insel, das Boot bleibt stehen. Dann taucht auf einmal eine Wasserschildkröte auf. Richtig nach und richtig groß. Die Bootsführer schmeißen ihr Früchte hin. Bald kommt eine zweite, eine dritte. Majestätisch wiegen sie im Wasser, schauen das Boot an fressen die Früchte. So nah habe ich so etwas in freier Wildbahn noch nie gesehen. ….. Bei der Rückfahrt haben wir ebenfalls eine beeindruckende Tierbegegnung: Ein Buckelwal. Obwohl eigentlich noch lange nicht Walsaison ist. Das Boot wendet, da taucht der Wal auch schon aus dem Wasser auf. Ma sieht nicht viel, trotzdem ein epischer Moment. Wir warten noch eine Weile, er zeigt sich mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. Und ist schließlich wieder weg. Dafür machen wir zurück ein Wettrennen mit dem andern Boot.

17.02.2022, Isla de la Plata

Da fährt man gerade noch durch die Berge, Alpakas auf der Straße. Links sieht man einen schneebedeckten Berggipfel. Eine halbe Stunde später säumen Bananenbäume und Nebelwald die Straßen, es wird wärmer. Der Früchtemarkt taucht wie aus dem nichts auf. Weiter gehts bergab Richtung Meer. Auf einmal sind wir nicht mehr auf der schmalen Bergstraße, sondern auf einer mehrspurigen, flachen Landstraße. Sind das Reisfelder? Aus dieser Region kommt wohl Ecuadors Reis.

15.02.2022, zwischen Cuenca und Guayaquil

Es ist heiß im Auto, die Pullis und Jacken von heute in der Früh stapeln sich mittlerweile auf der Rückbank und im Kofferraum. Wir sehen das Meer vorbeiziehen. Macht die Klimaanlage aus und die Fenster auf. Es ist schwül, es riecht nach Meer und Sommer.

15.02.2022, zwischen Guayaquil und Puerto Lopez

Gaston bedeutet uns, vom Pferd abzusteigen und verschwindet ein paar Schritte im Wald. Dann sehen und hören wir auch schon die Affen. Sie springen über unseren Köpfen herum, Gaston steht unten und macht Affengeräusche, die schreien von oben zurück. Der Große, der gerade über uns turnt, ist der Anführer, erklärt Gaston. Und ein Affenbaby sehen wir auch, am Rücken von eine großen. Die sind gar nicht scheu, schwingen sich auf den Bäumen über dem Weg hin und her, kommunizieren schreiend mit Gaston. Wir sind fasziniert. 

18.02.2022, El Pintal

Cajas ist so schön und unberührt, dass es mir fast Pipi in die Augen treibt. Ein Fluss, ein See, rundherum Berge. Kalte Luft. Dir Gruppe hat sich aufgespalten, jeder hängt ein bisschen seinen Gedanken nach. Blumen, Blüten, Wasserläufe quer über den Weg. Es ist stellenweise matschig. Pass auf, dass du nicht ausrutscht. Wo geht der Weg jetzt weiter? Ach dort, irgendwo sehe ich Felix’ Hut tanzen. Ob man in dem See baden gehen kann? Eine tolle dumme Idee, sagen Felix und Jeremia. Aber wir haben eine lange Autofahrt vor uns und es ist kalt. Heute Abend gehen wir ins Meer, versprochen. Das Wasser spritzt hoch, als ich durch die Wiese renne. Beim Durchspringen werden meine Schuhe vielleicht nicht so nass. Vielleicht. Jedenfalls macht es Spaß, durch die Wiese zu rennen. Am Liebsten möchte ich dableiben, obwohl es kalt ist. Zu schön, zu beruhigend dieser Ort hier mitten in den Bergen. Aber wir müssen weiter, das Meer ruft.

15.02.2022, Nationalpark Cajas, Cuenca

Den Innenhof der Air-Bnb-Wohnung haben wir schon am ersten Abend zum Tanzsaal ernannt. Den muss man dann aber auch tanzend ausprobieren. Mit dem Roten Pferd kann man nicht nur Leute aufwecken, sondern auch Polka tanzen. Finden zumindest Jeremia und ich. Dass es im Innenhof ein bisschen nass ist, ist halt unpraktisch. Aber dann ists halt rutschig, macht die Polka umso lustiger.

14.02.2022, Cuenca

Still, heimlich und leise ist es passiert. Der 23. Februar, das 6. Monat meines Freiwilligeneinsatzes ist voll. Und ich habe es nicht einmal wirklich bemerkt, in dem ganzen Trubel um 100 andere Sachen. Erst jetzt ist es mir aufgefallen, als ich wieder auf meinem Arbeitsplatz in SALEM sitze, am Balkon vom Büro, mit der schönen Aussicht, die sich auch ein bisschen verändert hat. Ein Baum hat sich entwurzelt und ist umgefallen, gibt nun den Blick frei auf das Nachbargrundstück. Die Veränderung macht auch da nicht halt. Die Frage für mich ist aber, was bleibt? Ich bin gerade von einer langen, eindrucksvollen Reise zurückgekehrt, die wir so gut es geht eingefangen, protokolliert, festgehalten haben. Im Blog in Fotos, in Erzählungen. Aber was bei Tagebucheinträgen und Berichten so oft untergeht sind die Momente. Die, in die ich mich Wochen später noch hineinversetzen kann, weil sie sich in mein Hirn eingebrannt haben. Und die möchte ich, still, heimlich und leise, mit euch teilen.

25.02.2022, Mindo

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