Etwas müde stampert uns Julia heute alle aus dem Bett. Dafür ist sie jetzt um ein Handy ärmer, das hat Felix kurzerhand einkassiert, weil ihm “Das rote Pferd” als Weckton nicht gefallen hat. Um 9:30 Uhr müssen wir schon fix fertig im Dorf sein, dann geht unsere Tagestour zur Isla de la Plata (“Silberinsel” oder wie die Reiseführer versprechen: das kleine Galapagos) weg. Wir sind zwar kollektiv etwas ernüchtert, dass wir dort nicht ohne Guide hindürfen, aber zugunsten des Nationalparks verstehen wir das natürlich auch. Im morgendlichen Chaos nimmt aber die grantige Müdigkeit überhand, bis wir gemeinsam am Boden unserer Blockhütte indoor Picknick veranstalten. Mit ein bissi Essen im Magen und einem Kaffee für Julia schaut alles gleich viel besser aus.
Julia hat jetzt genug Kaffee getrunken und mag sich auch in diesen Artikel einschalten und macht das in lila. Bussi.
Mit Wasserkanister, Sonnencreme, Badesachen und Sportschuhen bewaffnet marschieren wir dann also ins Dorf. Ab zu unserem Touri-Freund, der Julia und mir gestern schon die Tour zur Insel Salagon verkauft hatte. Dort werden wir mehr oder minder freudig erwartet und Richtung Schiffsdock geführt. Mittlerweile haben wir rausgefunden, dass in den Büros an der Strandpromenade die Touren von unterschiedlichen Anbietern verkauft werden, aber letztlich gesammelt abgehalten werden. Wir sind letztlich zirka 15 Personen, die sich auf das relativ kleine Boot quetschen, dass uns zur Isla de la Plata bringen soll. Eine Stunde Fahrt steht vor uns, die wir quatschend und halb-schlafend verbringen.
Ich sitze hinten am Boot, das Wasser spritzt neben mir in die Höhe. Hinter mir die Bootsmotoren. Einmal müssen wir mal kurz aufstehen, beim Motor ist irgendein Schlauch rausgegangen. Repariert, weiter geht die wilde Wellenfahrt, über uns brennt die Sonne vom Himmel, um uns herum Meer.
Das erste Highlight gibt es gleich mal, als wir nicht mal noch angekommen sind: Eine riesige Wasserschildkröte kommt zum Boot angeschwommen. Alle hetzen auf eine Seite, wir hängen schon etwas schief im Wasser. Nichts passiert, wir freuen uns nur alle über den Besuch. Wobei uns gesagt wird, wir sollen uns nicht übernehmen, wir sehen später noch mehr davon (Spoiler: nein, wir haben keine mehr gesehen!). Kaum haben sich alle beruhigt kommen noch zwei Schildkröten. Julia, Sandra und ich sind Fans. Dann geben uns unsere zwei Guides das Kommando unsere Schuhe auszuziehen. Die letzten Meter zum Strand sollen wir durch das Wasser warten. Kein großes Problem, wir schnappen uns unser Trinken in eine Hand, die Schuhe in die andere und springen von Board. Das Wasser tut gut an den warmen Füßen. Auf der Insel finden wir dann gleich mal ein Haus. Das einzige auf der ganzen Insel. Hier wohnen Volontäre, die sich vor allem um die Schildkröten kümmern. Und es gibt ein Klo, juhu. Dann versammeln wir uns vor einer Karte, die die Wanderrouten um die Insel zeigen sollen. Gemacht haben diese Karte Menschen in Quito, erzählt der Guide, und deshalb ist sie auch vollkommen falsch. Die Insel ist verkehrt abgebildet, es fehlen Insel rund herum. Lustig für uns und letztlich auch egal, denn für die Wanderung begleiten uns auch die Guides. Schon wandern wir los. 40 Grad, pralle Sonne, zuerst noch flache Wege zwischen Büschen und ein paar Blumen, die Julia aus dem Garten ihrer Oma kennt. Abgelöst werden die flachen Wege von Stufen und noch mehr Hitze. Der Guide macht spanische Wortwitze darüber, dass wir jetzt den Abstieg hinaufgehen und dann den Aufstieg hinunter. Das zu übersetzen will gelernt sein. Manche Witze checken wir erst eine Stunde später am Rückweg. Naja, ist auch nicht so wichtig. Am Ende der Treppe gibt es dann mal ein Dach aus Blättern, wo wir den ersten Blaufußtölpel sehen. Eine der Vogelarten, mit der sich Isla de la Plata auszeichnet. Wir lernen, Männchen an ihrer kleineren Größe und leiseren Schreie von Weibchen unterscheiden zu können und werden dann gebeten, zwei Gruppen zu bilden: Ein Trupp zu dem pseudo-lustigen älteren Guide, der Rest zu dem jüngeren, der Englisch spricht. Dann geht es weiter. Das Englisch unseres Guides ist so eine Sache, ich verstehe ihn schwer. Felix ganz im Reisemodus übersetzt munter simultan weiter, bis wir ihm sagen, dass das ja gar nicht Spanisch ist.
Irgendwann kommen wir dann an den Rand der Insel, schauen immer wieder bei Klippen hinunter in das surreal blaue Wasser. Ich versuche den Ausblick mit der Kamera einzufangen, aber die Weite und die strahlenden Farben kann kein Foto wiedergeben. Ich denke daran, wie ich oft Bilder solcher Orte sehe und denke, dass die bearbeitet sein müssen. Jetzt bin ich hier und alles ist komplett real. Die Buchten, das blaue Wasser, die Wellen, die an Felsen brechen. Im blauen, fast wolkenlosen Himmel schwingen sich Vögel durch die Luft. Entlang des Weges finden wir immer wieder seltene Vogelarten, manche mit ihren Babys, andere brüten noch. Es ist wunderschön, wir verlieren uns im Ausblick.
Ich renne immer noch im Sport-BH durch die Gegend, alles andere scheint mir angesichts der Hitze einfach unerträglich. Julia, du wirst rot hinten, sagen die anderen. Nagut, dann eben doch ein T-Shirt. Ich glaube ich joine heute trotzdem noch den Club der Sonnenbrände.
Irgendwann rufen uns die Guides zurück, das Mittagessen wartet. Wir wandern also alles zurück, die Hitze ist mittlerweile unerträglich, das Wasser mal wieder ausgegangen. Im Haus am Strand verbieten sie uns im Meer baden zu gehen, mit den Rochen sei nicht zu spaßen. Wo diese Rochen gewesen sein sollen wissen wir nicht, denn schon sollen wir durchs Wasser wieder zurück aufs Boot. Dort drücken sie uns Sandwiches und Wassermelone in die Hand. Der Komiker-Guide macht Werbung für Cola und schenkt allen, ob sie wollen oder nicht, einen Becher ein. Sein Lebenselixier, wie wir feststellen. Felix hat den Typen mittlerweile Klabautermann getauft, weil er genauso ist wie wir uns einen Klabautermann vorstellen. Klein und alt, immer auf See und ein bisschen verrückt. Wir sollten den Herrn Klabautermann an Coca Cola vermitteln.
Während wir essen fahren sie uns etwas weiter raus ins Meer, wo wir dann 50 Minuten zum baden und schnorcheln haben. Die anderen verlieren sich in der Unterwasserwelt, ich kühle mich ab und setze mich dann aufs Oberdeck. In der Sonne mitten am Meer beobachte ich die anderen, die im fast schon neon-blauen Wasser vor sich hintreiben. Am meisten genießt Jeremia das Schnorcheln, den bekommen wir vor Abfahrt kaum wieder zurück ins Boot. Dann ist es auch schon wieder Zeit zur Heimfahrt, immerhin ist es schon fast 16:00 Uhr. Die ersten Meter der Fahrt erlauben sie uns alle am Oberdeck sitzen zu bleiben. Sami spielt Ukulele, Felix Mundharmonika. Wir sitzen im Fahrtwind, lauschen der Musik. “Kitsch!”, rufen wir. Aber wunderschön, die Stimmung ist nachdenklich aber gelöst. Wir genießen. Irgendwann müssen wir ins Unterdeck, wo die Ukulele vom Motor übertönt wird. Aber die Erinnerung an den Moment bleibt stark.
Unerwarteter Weise gibt es noch ein Highlight am Rückweg: Wale! Normalerweise findet man sie hier um diese Jahreszeit nicht. Regulär tauchen sie zwischen Juni und September auf. Umso größer die Freude, als der Kapitän den Motor abstellt und wir gespannt ins Wasser starren. Wartend, wo sie noch einmal auftauchen. Einfach nur mega cool.
Zurück an Land wird dann diskutiert, wann wir essen gehen. Wir kommen zu dem Entschluss, mal ins Quartier zurückzugehen. Dort verlängern wir dann den Verleih von Rudi.
Das diskutieren mit der Autovermietungsfirma habe ich mittlerweile auch drauf. Mit Felix aus dem Hintergrund einsagend dauert das Gespräch 5 Minuten und wir haben Rudi einen Tag länger. Yess.
das AirBnB und Julia und ich fahren nach Agua Blanca – ein indigenes Dorf nur 10 Minuten von Puerto Lopez entfernt – um eine Reittour für den nächsten Tag zu organisieren. Als wir zurückkommen stehen wir vor verschlossenen Türen, brechen im Unter- und Obergeschoss ein und nach einer wohlverdienten Dusche huschen auch wir ins Dorf. Gegen 21:30 Uhr haben wir dann auch endlich eines der wenigen offenen Lokale an der Strandpromenade gefunden. Unter der Woche herrscht hier abends ziemliche Leere. Heute ist das für uns aber nicht weiter problematisch, wir fallen alle ziemlich müde ins Bett. Der Tag war anstrengend und wunderschön.
Einfach nur toll mehr kann man nicht sagen