Hoch zu Ross durchs Nirgendwo

Ein Ausritt im Wald, das hört sich doch nett an, finden Vanessa und ich. Es ist immer noch beeindruckend, welche Varietät an Ausflügen die Umgebung von Puerto Lopez bietet. Da ist der Strand fast schon die kleinste Attraktion. Gestern haben wir mit ein paar Amigos in Agua Blanca die Reittour geplant und ich bekomme immer mehr Gefühl dafür, wie man hier Geschäfte macht. Was nicht heißt, dass ich weiß was dabei rauskommt.

Uns holt ein Typ mit dem Motorrad bei der Unterkunft ab. Weil er dann aber beschließt, dass wir doch nicht zu dritt auf das Motorrad passen fahren wir halt 40 min mit dem Mototaxi in die Pampa. Vanessa ist seelig mit dem Mototaxi und ich erinnere mich an die Fahrt nach Saloya. Nur dass es hier nicht so nass ist. Was aber gleich ist, ist der fehlende Empfang. Die Idee, dass Felix uns nach dem Reiten mit Rudi abholt, wird dann wohl nix. Und das können wir ihm nicht mal mehr sagen, weil kein Empfang. Es werden also epische Abschiedsnachrichten mit Textlaut “Wir sind in der Pampa und kommen irgendwie und irgendwann wieder, wartet nicht auf uns” in die Gruppe geschickt, in der Hoffnung dass sie irgendwann rausgehen. Dabei ist die Situation garnicht so dramatisch, wie sie sich in den Nachrichten anhört.

Wir lernen Gaston, unseren Guide für heute kennen und schwingen uns auf die Pferde. Mit dabei ist auch Canela, die Hündin von Gaston. Wir reiten los, es geht über die staubige Bergstraße bis in den Wald. Die Vegetation ist der in Mindo sehr ähnlich. Dieselben Bäume, Bananenstauden, ein Fluss. Wir befinden uns im tropischen Nasswald, erklärt Gaston. Ein bisschen weiter in Puerto Lopez ist schon der Trockenwald. Die Unterscheidung zwischen den Wäldern hier zu verstehen habe ich aber schon aufgegeben. Eigentlich schon an dem Punkt als mir das Internet erklären wollte, dass Mindo in den trockenen Subtropen liegt. Dafür regnet es dort nämlich eindeutig zu viel. Einen großen Unterschied gibt es aber zwischen Mindo, Puerto Lopez und dem Wald in El Pintal, wo wir jetzt gerade unterwegs sind: Es gibt frei lebende Affen.

Und die finden wir unerwartet schnell. Gaston bedeutet uns, vom Pferd abzusteigen und verschwindet ein paar Schritte im Wald. Dann sehen und hören wir auch schon die Affen. Sie springen über unseren Köpfen herum, Gaston steht unten und macht Affengeräusche, die schreien von oben zurück. Der Große, der gerade über uns turnt, ist der Anführer, erklärt Gaston. Und ein Affenbaby sehen wir auch, am Rücken von eine großen. Die sind gar nicht scheu, schwingen sich auf den Bäumen über dem Weg hin und her, kommunizieren schreiend mit Gaston. Wir sind fasziniert. Die Affen haben ein fixes Territorium, erklärt er, deswegen findet man sie auch relativ leicht. Und die wollen anscheinend auch gefunden werden, so wie sie über uns grad eine Show abziehen

Wir reiten weiter, bergauf, bergab, durch den Fluss. Um uns herum Bambus. Die Pferde bringen uns zum Lachen, weil Vanessas Wallach meine Stute nicht überholen lassen will. Er hat einen Sturkopf und muss vorne gehen. Nagut. Beim nächsten Stopp lädt Gaston uns ein im Fluss baden zu gehen, er geht derweil noch mehr Affen suchen. Die Pferde fressen genüsslich, wir schmeißen uns ins Nass. Vanessa eher unfreiwillig, denn sie rutscht auf einem Stein aus. Das Wasser ist kalt, aber dafür ist die Luft nicht so kalt wie ich es aus Mindo gewohnt bin. Mag ich. Außerdem finde ich ein garnelenartiges Tier und Gaston bestätigt mir später, dass es auch Süßwassergarnelen gibt. Hab ich nicht gewusst. Dann hat sichs auch schnell ausgebadet und wir beschließen eine kleine Wanderung zu Fuß zu unternehmen. Gut, dass wir bei Gaston noch Gummistiefel ausgeborgt haben.

Wir wandern den matschigen Weg entlang, ein Stück durch den Fluss. Das hier ist bestes Trinkwasser, erklärt unser Guide. Und eine Wasserspinne finden wir auch. Gaston erzählt ein paar Legenden über den Wald, freut sich darüber dass ich leicht zu erschrecken bin. Und dass ich dolmetsche. Das ist mittlerweile so normal geworden, dass ich es im Kopf weitermache, auch wenn ich nicht muss. Gaston erzählt über den Wald, über sein Leben und seine Arbeit als Guide. Wie die meisten Menschen freut er sich, dass ich Voluntaria bin. Er hatte auch schon öfter welche. Ob ich mit einer Machete umgehen kann? Klar, schon darf ich die Waldwege freiräumen. Anscheinend mache ich das nicht so schlecht, ein Volo-Angebot von Gaston folgt. Macheten und Dolmetschen sind gefragte Fähigkeiten.

Wir sind mittlerweile wieder bei den Pferden angelangt und essen Mittag. Unsere Nachrichten an die anderen sind immer noch nicht rausgegangen, keine Chance auf Handynetz hier. Aber das stört uns eigentlich gar nicht, der Fluss, der Wald und das Schnauben der Pferde sind einfach total beruhigend. Hündin Canela wuselt herum und bekommt auch ein bissi was vom Mittagessen ab. Dann gehts auch schon wieder zurück, denselben weg. Wir haben Pferde getauscht, aber bei mir spurt der Wallach auch nicht viel mehr als bei Vanessa. Wir begegnen einer Stute mit Fohlen, beide so abgemagert, dass wir die Knochen sehen. Wohlgenährte Tiere sind hier echt ein bisschen die Ausnahme.

Ehe wirs uns versehen, sind wir auch schon wieder im kleinen Dorf El Pintal gelandet. Gaston verabschiedet sich recht schnell, er muss noch auf den Berg nach den Kühen sehen. Wir warten derweil bei seiner Mutter, bis uns der Moto-Taxifahrer wieder abholt. Die Mutter entpuppt sich als richtige ecuadorianische Omi. Wir werden aufs Sofa gebeten und quatschen. Sie erzählt von Gaston und von ihren Enkeltöchtern. Eine davon ist mittlerweile 26 und verheiratet, aber irgendwie will sie kein Kind kriegen. Vollkommen unverständlich, findet die Omi, sie wäre doch längst im richtigen Alter. Manche Probleme und Diskussionen sind echt scheinbar weltweit dieselben. Und Omis irgendwie auch, denn das Essen lässt nicht lang auf sich warten. Wir bekommen Yuca-Brot mit Marmelade. Keine Ahnung, was da alles drinnen ist, aber es schmeckt super.

Der Moto-Taxifahrer lässt auf sich warten. Wir haben inzwischen gegessen, Hund und Katze begrüßt und über Kinder und Enkel und ehemalige Voluntarias philosophiert. Und herausgefunden, dass besagte Enkeltochter in der Nähe von Mindo wohnt. Ist super nett, aber wie kommen wir hier wieder weg? Oben auf dem Hügel ist Handynetz, ruft mir Gastons Mutter nach. Hinter dem Hügel höre ich es aber auch schon knattern, das Moto-Taxi kämpft sich den Berg hinauf. Ein schneller Abschied und die nächste Moto-Taxi-Fahrt. Irgendwann habe ich dann doch wieder Empfang und kann Felix erreichen. Ich glaube, es hat sich keiner Sorgen gemacht.

Zurück in der Hütte chille ich mich wieder mal in die Hängematte. Bald trudeln die andern ein, ko und rot, sie waren surfen. Die Allgemeine Sonnenstich-oder-auch-nicht-Müdigkeit bringt uns dazu einfach mal alle irgendwo schlafen oder dösen zu gehen.

Später gehts mit Vanessa und Jeremia ins Dorf Strandeln, ich erstehe ein Strandtuch und dann doch keinen Bikini. Ein paar Mitbringsel für daheim finden wir auch. Der Abend endet mit Cocktails in der Monkeybar und Tanzen am Strand. Nein, Felix, Rumba kann ich nicht mehr. Boogie geht besser, wirklich. Vanessa und Jeremia gehen irgendwann ins Bett, der Rest von uns marschiert de Strand entlang bis zur Hafenmauer. Felix und Sami geben ein nächtliches Ukulelen-Gesangs-Konzert und beschließen dann, dass es die richtige Zeit für ein Workout ist. Sandra und ich beobachten das Ganze mit einem Schmunzeln. Es geht dich nichts über lustige abendliche Ideen.

Lustig findet Vanessa das eher nicht, dass wir beim zurückkommen ein bisschen laut sind. Aber uns ist das Wasser ausgegangen (wieder mal) und ich muss im Dunkeln meine Filterflasche suchen. In Wien werde ich das sehr zu würdigen wissen, dass man Wasser aus der Leitung trinken kann. Aber darüber mach ich mir heut keine Gedanken mehr, sondern falle nur mehr ins Bett. Und träume von Pferden und Affen, von Flüssen und Meer, von Sonne und Sternen, die doch ab und an hervorkommen. Es ist ein Wahnsinn, was man hier an einem einzigen Tag alles erleben kann.

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