Die bekommen hiermit einen eigenen Blogpost. Womit sie sich den verdient habe? Sie sind einfach überall. Ist ja logisch, denkt ihr, machen ja fast die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Aber als alleinreisende Frau hat man zwangsläufig sehr viele Begegnungen mit ihnen. Und muss schnell einschätzen worauf das Gegenüber hinaus will: Wirklich helfen? Mir eine Tour oder sonst was andrehen und mich dabei abzocken? Oder ein Date? Ich finde die Verhaltensweisen vieler Männer diesbezüglich ja nicht ganz eindeutig. Deswegen habe ich so ein bisschen einen Männerverständnis- oder abwehrkatalog entwickelt die letzten Tage, der erstaunlich gut funktioniert:
“hast du einen Freund? Bist du allein unterwegs?” –> Frage in den ersten 5 Gesprächsminuten: Schleich dich.
“Hast du einen Freund? Bist du allein unterwegs?” –> Frage in den ersten 15 Gesprächsminuten: Hm, mal sehn was du sonst noch so von dir gegeben hast.
“Hast du einen Freund? Bist du allein unterwegs?” –> Frage nachdem wir eine halbe Stunde gemeinsam über Frauenrechte und Probleme des Machismo diskutiert haben: Nagut, fragen kannst ja mal.
“Darf ich deine Nummer haben?” –> gerne, wenn du mir dafür ein Kanu organisierst, dass mich morgen da hinbringt wo ich will, oder mich anrufst wenn du einen freien Platz bei einer Tour hast. Sonst nicht.
“Darf ich deine Nummer haben?” *zwinker* –> Äh nö. Und außerdem muss ich jetzt dringend mal meine Freund_innen anrufen, die kommen gleich. Oder wenn Typ nervt: Gib mir doch deine, ist einfacher (und ich werde dich nie anrufen.)
Darf ich dir meine Nummer geben? Immer gerne, wenn du mich dann in Ruhe lässt. Ich werde dich aber höchstens anrufen wenn du Taxifahrer oder Tourguide bist und mit ein Kanu für morgen organisierst. Und wenn du mir suspekt bist wirst du einfach nie wieder was von mir hören. (Bekomme pro Tag so ca. 6 neue Nummern von Typen. Mindestens die Hälfte davon werden nie angerufen werden.)
Nach meinen ersten beiden Tagen hier kann ich damit schon fast eine Feldstudie betreiben. Ich werde besser darin, Leute schnell einzuschätzen. Und diese Leute sind halt meistens Männer: Taxifahrer, Guides, Tour-Verkäufer, Kanufahrer, Hotelbesitzer, Kellner…. Wo die Frauen dieses Landes hingekommen sind frage ich mich einmal mehr. Ich hab sie schon gesehen, vereinzelt, die Taxifahrerin, die Busfahrerin… aber sie sind weit in der Unterzahl. Schon spannend. Und so bleibt mir nichts anderes übrig, um verstehen und unterscheiden zu lernen. Das hier sollte eigentlich keine feministische Hassrede gegen Männer werden, auch wenn viele von ihnen nerven. Mindestens genausoviele haben mir in den letzten Tagen erfolgreich geholfen von einem Ort zum anderen zu kommen, die Pflanzen- und Tierwelt kennenzulernen und hiesige Gebräuche kennenzulernen oder Ausflüge zu organisieren. Da ist Scott, mein Gastgeber, der immer mit Ausflugstipps zur Seite steht. Kleve, der mir Misahualli und den Guyasa-Tee gezeigt hat. Javier, der mich einfach auf seine Tour mitgenommen hat. Und ein paar andere, die mir den Weg beschrieben oder mich wohingebracht haben. Was sie alle gemeinsam haben: Ich habe irgendwann beschlossen, ihnen zu vertrauen. Vielleicht weil sie nicht in der ersten Viertelstunde gefragt haben, ob ich Single bin. Vielleicht, weil ich mich in dem Moment einfach sicher gefühlt habe. Oder vielleicht, weil ich dachte, ich versuchs halt mal. Bis jetzt bin ich damit ganz gut gefahren. Aber es ist anstrengend, das Einschätzen. Vor allem, wenn es alle 10 Minuten sein muss, weil es da draußen irgendwie nur Typen gibt. Die helfen wollen. Ist eh nett, meistens. Aber dann kommt Frau Alleinreisende auch wieder sehr gut allein zurecht. Und will auch mal alleine sein. Danke fürs Weiterhelfen, bitte frag einfach nicht nach meiner Nummer, danke, baba.
Edit: 08.05. 2022: Über den Verlauf der Reise habe ich dann noch eine These aufgestellt, die weder wissenschaftlich bewiesen ist, noch repräsentativ beforscht. Aber ich glaube, dass so ziemlich jeder Mann an irgendeinem Punkt gerne Sex haben würde. Die Frage ist nur wann. Nach 20 Minuten? Nach 3 Tagen? Nach ein paar Monaten? Das gilt es herauszufinden. Die 20-Minuten-Typen sind meistens eh sofort aufdringlich und werden dann abserviert. Und bei allen anderen gilt es einzuschätzen, wie viel Zeit ich mit ihnen verbringen kann, ohne dass es unangenehm wird. Eine Stunde? Einen halben Tag? Mal sehen. Zum Glück gibt es ja immer noch das liebe Wort “NEIN”. Und wenn das Gegenüber dann so offensichtlich was anderes will als man selber, kommt das eben zum Einsatz. Aber die sozialpsychologische Studie über Männer wächst. Eine Reise allein ist eine tolle Möglichkeit, die auszubauen.