Gleich vorweg: Nein, wir haben dieses Wochenende keine Spinnen gegessen und RTL war auch nicht dabei. Nur Felix mit der Drohne. Und Dschungelprüfungen gabs auch keine, denn die hätte ich wahrscheinlich auch nicht bestanden, weil ich nicht von der Klippe gesprungen bin. Aber dafür hatten wir jede Menge Spaß.

Eine Partie von 13 Jugendlichen sind wir, Miguel und Sebastian feiern Geburtstag. Im Vorfeld haben wir SALEM schon ein bisschen auf den Kopf gestellt, um das Campen zu organisieren. Ein Schlafsack ist aufgetaucht und ein halbes Zelt (es fehlt das Überzelt, aber das wird improvisiert). Und Jonas bekommt laufend Nachrichten: Dürfen wir uns eine Machete ausborgen? Und Brennholz fürs Lagerfeuer? Wegen Dauerregen in den letzten Tagen ist die Wahrscheinlichkeit, trockenes Holz zu finden gleich null. Löffel brauchen wir auch noch, die Bettdecken werden kurzerhand einfach eingepackt, nein wir sind nur eine Nacht weg, nicht eine Woche. Aber mein großer Reise-Rucksack hat sich ausgezahlt.

Wir fahren nach “Las Montanas de Mindo” zu Deutsch die Berge von Mindo. Dort hat eine ehemalige Lehrerin von Edwin und Miguel ein Restaurant und lässt uns netterweise auf ihrem Grundstück übernachten. Die Hinfahrt ist so, wie man hier eben Auto fährt: Auf der Ladefläche eines Pick-up. Und nein, Mama, keine Sorgen machen, das ist alles supercool. Und die Ladefläche hat Stangen rundherum, zum Festhalten und gegen Runterfallen. Eigentlich finde ich es ziemlich schade, dass das in Österreich nicht geht, es ist nämlich eine sehr nette Art die Gegend zu erkunden. Unser Berg von Campingzeug wandert auf die Ladefläche, wir dazwischen, alle gut festhalten und los gehts. Der Fahrtwind streift durch die Haare, während der Pickup sich den Berg hinaufkämpft.

Oben erwartet uns schon die Lehrerin mit ihrem Mann, ihren Töchtern und einem Babychihuahua. Wir lassen unser Zeug im Restaurant und der Mann nimmt uns auf eine Wanderung durchs Gelände mit. Wunderschön ist es hier. Wald, toller Ausblick, ein Fluss und eine Hängebrücke. Man hört Vogelschreie, ein Quetzal ist das. Leider sehe ich ihn aber nicht. Wir wandern am Fluss entlang, sehen Wasserfälle und gehen bis zu den Quellen. Hier leben auch Brillenbären, erklärt uns der Mann, “osos de antiojos”. Die haben aber mehr Angst vor uns als wir vor ihnen, deswegen sehen wir auch keine. Eine Wiese zum Campen finden wir aber.

Zurück im Restaurant sind wir schon etwas ko von der Wanderung beschließen wir erst einmal zu essen, einfach weil wir nicht das ganze Essen tragen wollen. Es gibt Ananas und Sandwiches, die Wasserflaschen werden aufgefüllt. Hier kann man auch ganz toll Kolibris beobachten. Ich vermute mal in den roten Hängedingern ist Zuckerwasser, jedenfalls lieben es die kleinen Vögel und flattern herum. Ich bin fasziniert und mache gefühlt 100 Fotos.

Nach der Stärkung dann die Arbeit: Unser ganzes Zeug muss ja irgendwie zur Campingwiese. Dort angekommen wirds auch nicht weniger anstrengend, denn die Pflanzen auf der Wiese sind viel zu lang um dort Zelte aufzustellen. Die Macheten sind gefragt. Die Grasdinger sind aber etwas widerspenstiger als die Bananen letztens und so übergebe ich die Machete recht bald an die Burschen und mache mich ans Zelte aufbauen. Dabei sind wir nach und nach erfolgreich. Und ist unser improvisiertes Überzelt nicht schön? Es dunkelt jedenfalls das Zelt auch ganz schön ab und hält die Wärme drinnen. Pfuschen können wir.

Als Belohnung gehts jetzt in den Fluss baden. Dabei habe ich nur recht bald ein Problem: Der einfachste Weg in den Fluss ist, von einer Klippe reinzuspringen. Und da haut irgendwie meine Höhenangst rein. Jedes Mal, wenn ich vorne stehe, ist die Klippe in meinem Kopf 100 Meter hoch und es geht garnix. Da hilft es auch nicht viel, dass die anderen mich anfeuern und Edwin mir “El sangre de Cristo tiene poder” entgegenschreit. Und Versprechungen, dass ich gleich nach Miguel springe, helfen auch nix. Während die anderen fröhlich im Wasser plantschen, versuche ich also meinen Kopf davon zu überzeugen, dass diese verdammte Klippe nicht gefährlich ist. Ohne Erfolg. Irgendwann habe ich keine Lust mehr verängstigt an der Klippe zu stehen und versuche das Ganze anders: Die Felsen runter klettern. Da schreien die andern zwar auch “JULIA, fall nicht runter..” aber klettern und rutschen kann ich anscheinend besser als springen. Und als ich mich unten von einem kleinen Felsvorsprung fallen lasse und das Wasser über meinem Kopf zusammenschlägt, bin ich mindestens genauso glücklich wie wenn ich gesprungen wäre. Denn ich bin endlich dort, wo ich seit einer Dreiviertelstunde hin will: Im Fluss. Und der ist schon ziemlich nett. Ein bisschen kalt, aber wärmer als erwartet. Nicht tief, man kann stehen und plantschen, oder sich von der Strömung mittreiben lassen. Hinaus, raufklettern und nochmal runter. Viel Zeit bleibt mir nicht mehr, denn die andern haben mir ja schon ordentlich Badespaß voraus. Aber ich beschließe, das Ganze als philosophische Metapher dafür zu sehen, dass man manchmal eben andere Wege zum Ziel ausprobieren muss.

Im Camp heißt es jetzt ein Lagerfeuer zustande zu bringen. Ein Suchtrupp sucht Steine, ein anderer Feuerholz. Wir finden einige Baumstämme, die mit Macheten und viel Kraft kleingehaut werden. “Schnell” mal eine Plane von Baum zu Baum gespannt, damit wir überhaupt mal ein Feuer zustande bringen. Und selbst dann verbringt Felix gut 1,5 Stunden damit, bis es brennt. Dafür gibts dann Steckerlbrot. Das kennen die anderen gar nicht, aber es kommt gut an. Und ein kleiner Expeditionstrupp, der sich in der Dunkelheit verloren hat, kehrt auch wohlbehalten zurück. Anrufen hätten sie eh nicht können, weil kein Empfang.

Dann wird, wie könnte es anders sein, am Lagerfeuer Musik gemacht. Felix’ Ukulele und Mundharmonika wandern herum, alle improvisieren irgendwas und wir singen auf die Bitte nach einem deutschen Lied “Über den Wolken” vor. Schöön. Und weil das halt auch bei Lagerfeuern und Teenieparties so ist, wird gequatscht, getrunken und “Ich-hab-noch-nie” gespielt. Und Bananen mit Schokolade gibts auch.

Irgendwann gehe ich schlafen. Oder versuche es. Der Schlafsack ist warm und trotz fehlender Unterlagsmatte liege ich ziemlich weich. Und obwohl wir mitten im Wald sind, gibt es um kurz vor 6 Uhr Früh sehr echt wirkende Hahnengeräusche vor unserem Zelt. Auch sonst war die Partie, die die Nacht durchgemacht hat nicht wirklich leise. Aber sie haben dafür eine neue Religion gegründet, Lieder gesungen und eben Hähne nachgemacht. Alles Dinge, die halt so passieren, wenn man die ganze Nacht am Lagefeuer verbringt. Auch Felix’ Kommentar, dass sie noch schlimmer sind als der Hahn von Salem, beeindruckt sie nicht wirklich. Felix behauptet übrigens auch, er hat in der Nacht zwei riesige Spinnen auf unserem Zelt gesehen. Hab ich verschlafen. Und solange sie nur außen auf dem Zelt bleiben ist das ok. Vielleicht ist das meine Art mit Spinnen umzugehen: Ich sehe sie einfach nicht.

An so einem sonnigen Morgen ruft wieder der Fluss. Diesmal weiß ich ja schon wie ich da hinein komme. Wunderbar zum Munter werden. Ich plantsche im Wasser und lasse mich von der Strömung treiben. Die ist nicht ohne, aber wir haben ein Seil quer über den Fluss gespannt, damit niemand abtreibt. In diesem Seil hänge ich also gechillt, spüre die Strömung und das kalte Wasser und blicke in Richtung der Flussbiegung, von der ich losgeschwommen bin. Das Wasser schäumt, die Sonnenstrahlen fallen richtig kitschig zwischen den nassen, moosbesetzten Felsen ins Flusstal. Die anderen stehen oben auf Felsen, aber ich höre nicht was sie sagen. Das Rauschen des Flusses löscht alle anderen Geräusche aus der Luft. Und so bin ich einfach für mich, im Wasser, den Fluss und die Sonne betrachtend.

Die andern oben beschließen zurück zu gehen und so ziehe ich mich am Seil aus dem Wasser und steige die Stufen entlang der Felsen hinauf. Die sind teilweise natürliche Steine, teils extra eingelassene Steinplatten. Das hier ist ein erlaubter Badeort, zumindest heute für uns.

Zum Frühstück gibts das restliche Brot, Ananas, Marmelade und Käse. Dann herrscht auch schon Aufbruchsstimmung, Zelte zusammenrollen, Plane abbauen, möglichst nichts hinterlassen. Der Aufstieg zum Restaurant ist anstrengend, mit Rucksack am Rücken und Plane in der Hand. Die anderen sind nicht weniger ko, keuchend und schwitzend kommen wir oben an. Dafür gibt es dann Limonade für alle. Und der Babychihuahua wuselt herum. Mit seinen Frauchens, den kleinen Töchtern der Lehrerin, freunde ich mich auch gleich an.

Dann kommt auch schon der Pickup. Sehr müde, aber singend fahren wir hinunter: “Para bailar la Bamba – abajo!” Vor Ästen ducken darf man auch nicht vergessen. Dann haben wir die Zivilisation wieder und sie uns. Ob sie das so freut ist eine andere Frage. Die Katze begrüßt uns schon mauzend am Tor, die Sachen wandern gleich mal in die Wäsche und ich unter die Dusche. Meine Wanderhose und die Schuhe machen hier ganz schön was mit. Abends beim Schlafengehen riecht meine Alpakaweste immer noch nach Lagerfeuer. Vielleicht hätte ich die auch waschen sollen. Aber das gehört zum Lagerfeuer halt dazu.

2 Kommentare

  1. Oh ja, das klingt nach Abenteuer. Der einzige Fehler in diesem Abenteuerkopfkino ist wohl der Chihuahua😂 zwischen den Spinnen, Brilenbären und anderen exotischen Tieren.

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