Eigentlich gehört der Tag dem Autofahren. Wir wollen von einem Küstenort zum nächsten wechseln, Zwischenstopp auf der Reise nach Quito. Aber es steht noch ein Programmpunkt an: Agua Blanca besuchen. Also packen wir alles zusammen und veranstalten ein letztes Indoor-Frühstücks-Picknick in unserer Holzhütte. Julia schneidet gekonnt eine Ananas am Boden der Terrasse auf, auf die stürzen wir uns kollektiv. Ananas hier schmeckt halt einfach viel besser als daheim. So wie auch die Bananen, Mangos und Avocados. Irgendwo aus dem Hintergrund melden sich auch Sami und Felix, die auch Ananas wollen. Wir erbarmen uns und heben ihnen ein Stück auf. Nach dem Frühstück hüpfen wir für letzte Besorgungen ins Dorf, dann geht es schon nach Agua Blanca.

Agua Blanca ist ein Dorf in der eine indigene Community von zirka 300 Personen lebt. Dort angekommen führt uns ein Guide durch das kleine Museum mit Ausgrabungen des Manta-Stammes, der von den Spaniern versklavt und ausgelöscht wurde. Heute ist von ihrer Kultur und Sprache nichts mehr übrig, die Dorfgemeinschaft versucht die Erinnerungen wach zu halten. Mit Schwierigkeiten, denn seit 1990 gibt es keine Förderungen vom Staat mehr und seit der Pandemie sind auch die Einnahmen durch den Tourismus eingebrochen. Die Menschen der Community haben sich mittlerweile alle Jobs außerhalb ihres Dorfes gesucht, mit Ausnahme der Tourguides, die noch Vollzeit für das Museum arbeiten. Unser Guide führt uns noch ein Stück durch das Gelände, wo er uns eine Uhu-Familie zeigt. Die sehen die wenigsten Besucher*innen, sagt er uns. Kurz darauf kommen wir zu einer kleinen Schwimmanlage mit Vulkansteinbecken. Dort shoppen wir mal alle Haarshampoo aus dem Heiligen Baum „Palo Santo“ (zu dt. Heiliger Stock) und bekommen eine Frucht geschenkt, die wie Mango schmeckt aber keine ist. Niemand von uns hat sich gemerkt wie sie heißt, aber sie haben uns eine davon geschenkt und wir sie genossen. Dann gibts noch kollektives Mittagessen. Gegessen wird Durcheinander, Corviche und Empanadas beim einen Standl, Camerones beim anderen. Und irgendwo noch Saft dazu. Sandra und Jeremia schmieden sich ihre Sonnenbrände mit Vulkanschlamm einschmieren und dann gibts eine Schwimmrunde, um den Schlamm wieder abzuwaschen. Abkühlung inklusive.

Irgendwie verrinnt die Zeit und wir beschließen, dass wir langsam aufbrechen müssen. Alle ein letztes Mal ins Auto und ab zum Busbahnhof, wo der erste Abschied ansteht. Sami und Sandra wollen weiter am Strand bleiben. Alle drücken sich fest. Es ist immer so eine unbeantwortete Frage, wann man sich wieder sieht. Es kommt kollektive Sentimentalität auf. Wir winken und schauen ihnen beim Überqueren der Straße nach. Schon sind die beiden weg und wir fahren weiter. Die nächsten zweieinhalb Stunden herrscht Schweigen im Auto, während ich am Fahrersitz die Küste entlangfahre und versuche den Schlaglöchern auszuweichen. Davon gibt es zeitweise gar keine und dann plötzlich sehr tiefe. So sehr wir es versuchen, manche davon übersehen wir dann doch. Upps.

Irgendwann machen wir Fahrerwechsel und einen Stopp in der Küstenstadt Bahia. Dort gehen wir einkaufen und finden ein Fischerdeck, von dem aus wir dem Sonnenuntergang hinter der Skyline der Stadt zuschauen. Und dabei unser Magnum essen. Ja, auch das muss manchmal sein. So weit ist es dann auch nicht mehr bis zu unserem nächsten Ziel: ein kleines Kaff zwischen Pedernales und Cojimes. Die letzten Minuten dorthin fahren wir an unzähligen 5-Sterne Urlaubsressorts vorbei. Irgendwie für alle ein ungewohnter Anblick, Luxusurlaub machen wir ja gerade nicht so wirklich. Aber wir sind uns auch sehr einig, dass wir darauf auch wenig Lust hätten. 

Abgelenkt von den Diskussionen über Glamour Camping (oder auch Glamping) und wer sowas wohl macht, kommen wir auch schon in unserem nächsten Zuhause an. Es ist dunkel als wir vor der kleinen Betonhütte parken. Wir sehen das Meer nicht, aber wir hören es. Uns und das Wasser trennt nicht mehr als der Sandstrand. Irgendwie ein cooles Gefühl. Weniger schön ist dann aber der Moment, als wir ins Haus gehen. Ein Schritt bei der Tür rein und wir rennen an das rostige und wackelnde Hochbett an. Daneben steht gleich noch ein mindestens genauso kaputtes Holz-Doppeltbett. Ihm gegenüber ein großer Tisch auf den wir nichts legen wollen, denn der Ventilator darüber hat schon mindestens drei Weltkriege überstanden und fällt vor lauter Rost schon fast von der Wand. Ähnlich schaut es auch beim Kühlschrank aus und generell wirkt die gesamte Küche nicht so, als könnte man sie ohne Nachwirkungen verwenden. Das Badezimmer besteht quasi nur aus einer riesigen Dusche ohne Duschvorhang und einem Klo, bei dem man beim Hinsetzen mit den Knien am Waschtisch ansteht. Wir wollten in der Pampa wohnen, was wir definitiv geschafft haben. Aber wie dieses „Haus“ aussieht taugt uns nicht. Julia und Felix stellen schnell fest: Das muss das Haus von Rocky Docky sein. Und der Preis ist unverschämt hoch. Aber das wird dann die Diskussion der nächsten Tage, weil wir alle nur noch müde ins Bett fallen.

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