Die Mindo-Experience

Meine letzten Tage in Mindo verbringe ich eher im Ruhe-Modus. Die Speicherkarte in meinem Kopf ist voll mit Eindrücken, in Mindo suche ich eher die Entspannung. Wobei in Mindo, wie ich schnell feststelle, auch immer Trubel ist. Ich erlebe viele Aspekte, die Julias und Felix´ Alltag ausmachen. So viele Aspekte, dass Julia schon schimpft: “Du musst jetzt echt noch alles mitmachen, was Mindo zu bieten hat!” Als wir mit zwei Tassen Kaffee vor uns bei Jorge sitzen und Talis beim Arbeiten beobachten, schreiben wir auf, was noch alles meine Mindo-Experience vervollständigt.

  • Motorradfahrt: Beim Zurückkommen von Quito holen uns Talis und Felix mit den Motorrädern vom Y ab. Das ist die Straßenkreuzung am Berg, an der uns der Bus rausgeschmissen hat. Sieben Kilometer lang ist der Weg runter ins Dorf, erklärt mir Julia. Wir haben zwei riesige Rucksäcke und drei Ukulelen bei uns. Irgendwann kommen unsere Chauffeure und wir setzen uns mitsamt Gepäck zu viert auf die zwei Motos. Was zur richtigen Mindo-Experience aber fehlt ist der Regen beim Fahren.
  • Küchendienst: Ich könnte in ein Hostal gehen für meine letzten Tage in Mindo, aber Julias 8 qm großes Zimmer – beschließen wir – reicht weiterhin für uns beide. Fürs Schlafen in Salem sollen wir einen kleinen Unkostenbeitrag dalassen. Und ich helfe einen Vormittag Fernanda und Felix in der Küche. Wir schälen fast zwei Stunden lang Bohnen für die Suppe und quatschen, Fernandas spanische Musik spielt im Hintergrund. 
  • Stufen runterfallen: Zack und bumm, schon hänge ich mit meiner Achsel am Stufengeländer. Die Holzstufen in Salem muss jeder einmal runterfallen, bestätigt Julia lachend. Ich hab mir nicht weh getan und lache einfach mit.
  • Katzenchaos: Wo ist die kleine Katze? Hat die Katzen schon wer gefüttert? WIE KOMMEN DIE ZWEI KATZEN INS GÄSTEZIMMER?
  • Babykatzenchaos: Irgendwann steht eines der Salem-Kids mit einer weißen, zitternden Babykatze im Garten von Salem. Jonas sagt, wir sollen die Augen zumachen. Nicht noch eine Katze mehr. Ein bissi später erfahren wir, dass die Besitzerin gefunden wurde. Und Julia erklärt mir, dass hier laufend hilfsbedürftige Katzen auftauchen.
  • WG-Chaos: Wir wollen essen gehen. Felix fährt nach Los Bancos. Maja rennt alle zwei Minuten an Julias Zimmertür vorbei. Felix schreibt er kommt später nach, wir sollen zum Essen vorgehen. Perser steht am Plan. Nein, lasst uns Papi Pollo essen gehen. Wir essen, bestellen für Felix. Als Felix kommt ist Maja schon wieder weg. WG-Leben ist manchmal schon ein chaotisches Konzept.
  • Papi Pollo: Wie schon erwähnt, waren wir Papi Pollo essen. Nicht sehr vegetarisch, aber ich mache eine Ausnahme. Papi Pollo ist ein sehr gängiges Fastfood in Ecuador und ist letztlich nicht mehr als frittiertes Huhn mit Pommes, Ketchup und Mayo.
  • Stromausfall: Plötzlich alles Dunkel im Haus, drüben bei der Küche brennt das Licht aber noch. Naja, Taschenlampen an und Verlängerungskabel für das Wlan durch den Garten legen. Passt schon, duschen wird überbewertet.
  • Noch mehr Stromausfall: Wir wachen am nächsten Morgen auf, unsere Handys sind irgendwie nicht geladen. Warte, das Licht geht auch schon wieder nicht. Zum Glück liegt das Verlängerungskabel von gestern noch, juhu.
  • Gasflaschen: Die braucht man in Salem fürs Kochen, für den Trockner und für die Dusche. Vielleicht auch noch für andere Dinge, für die ich es nicht weiß. Dann ist eine leer, Julia und ich stampfen durch den Schlamm und schleppen eine volle Gasflasche durch den Garten. Dreckig sind wir von oben bis unten, aber wann ist man das in Mindo eigentlich nicht?
  • Ausblick von der Officina: Die neue Officina hat – ohne zu lügen – den schönsten Ausblick in den Garten. Da ist arbeiten glaube ich gar nicht mehr so schlimm.
  • Guatusos: Oder wie Felix und Julia sie nennen: Riesenmeerschweinchen. Davon gibt es in Salem ganz schön viele, die laufen dann einfach quer durch den Garten. Und schauen einfach cute aus.
  • Terrans Schmuckladen: Auf der Hauptstraße in Mindo gibt es diesen einen Laden mit handgemachten Schmuck. Wann immer ich im Dorf bin, ich schaue bei Terran vorbei. Und kaufe dort auch das ein oder andere Stück. Man kann einfach nicht anders.
  • Brotmann suchen: Der Brotmann sollte das Brot bringen. Irgendwie ist dann aber doch kein Brot da. Also gehen Maja und ich ihn suchen. In seinem Eisgeschäft ist er nicht, okay. Dann also mal zur Luisa einkaufen gehen, dort ist dann plötzlich auch der Brotmann. Wir sollen in seinen Burgerladen kommen, dort hat er dann auch Brot. Ja, man sucht hier wohl oft Leute, die irgendwann irgendwo auftauchen. Oder manchmal auch nicht.
  • Dauer-Einkaufen: Einkaufen gehen zuhause heißt alle paar Tage mal in den Supermarkt gehen. In Mindo bedeutet das eher, 50 Mal pro Tag irgendwo eine Handvoll Zeug einzukaufen. Ah, wir brauchen Brot fürs Frühstück. Oh, warte, eine Packung Chifles wären grad gut. Wollen wir noch kochen? Dann ab zu Luisa.

Es sind kleine Dinge, die einen Alltag ausmachen. Dinge, wie die, die ich hier eben beschrieben habe, sind der Alltag von Julia und Felix in Salem. Die beiden könnten wahrscheinlich seitenlange Listen schreiben, für mich hat die Liste hier aber ihr Ende. Schon cool, Mindo ein bisschen kennenzulernen. Dort leben spannende Leute, es gibt wunderschöne Ecken und an die Stromausfälle haben sich die zwei wohl schon gewöhnt. Die sind aber auch wirklich gar nicht so schlimm.

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