Wasserfälle ohne Ausweg

Bis vor Kurzem sind wir ja alle in Mindo festgesessen wegen dem Nationalstreik. Was macht man also, wenn alle Reisepläne ins Wasser fallen? Auch ins Wasser springen. Davon gibt es ja in Mindo genug. Wir haben die Zeit also genutzt um alle mehr oder weniger verrückten Ideen umzusetzen, die wir in und rund um Mindo noch so anstellen wollten. Wir hatten viel Spaß dabei und Spoiler: alle haben überlebt.

Los gehts an unserem freien Freitag. Den wir eigentlich mit Maja an der Küste verbringen wollten. Aber so besuchen wir mal wieder unsere Wasserfälle. Wie lang wir das noch können, wissen wir eh nicht, weil das Grundstück zum Verkauf steht. Das macht uns allen ein bisschen Sorgen, weil das Gerücht herumgeht, dass es zu Bauplätze gemacht werden soll. Das schönste Stück Erde, das ich hier kenne. Ich hoffe mal, dass die Gerüchte nicht stimmen.

Unterwegs bin ich mit Felix, Pao und Blake. Und einer kleinen Hündin, die auch beschlossen hat einen Ausflug zu machen und sogar die leichten Kletterpartien mit uns meistert. Am ersten Stück des Weges staunen wir: Hier gibts wirklich so etwas wie einen Wanderweg. Einen guten. Wir bleiben trocken. Das gibts doch nicht. Das Fluss war doch da. Beim ersten Wasserfall lüftet sich das Geheimnis: es stehen einige neue Wassertanks für die Trinkwasserversorgung herum. Die hat wohl irgendwer hier hergebracht und dabei schöne Wege gemacht. Die Wege danach sind dafür umso schlimmer.

Uns so stehen wir auf einmal vor einem abgerutschten Hang. Die Burschen versuchen irgendwie rüber zu kommen, aber da ist nichts zu machen. Wir haben das ja schon kommen sehen. Aber genau heute haben wir natürlich keine Machete mit, um einen neuen Weg zu schlagen. Also muss ich mich als Machete ausprobieren. Ein bisschen nach oben und dann nach links, so müssten wir das abgerutschte Stück überbrücken können. Soweit die Theorie. Schritt für Schritt gehts durchs Dickicht, hält der Ast? Verdammte Brennessel. Wie hoch müssen wir noch? Seht ihr den Bananenbaum? Dort geht der Weg weiter. Nein, Felix außer dir sieht niemand besagten Bananenbaum. Wir sehen die Bäume vor lauter Wald nicht. Oder so. Also wird irgendwie weitergekraxelt. Zum unsichtbaren Bananenbaum. Irgendwann lichtet sich das Dickicht, wir versuchen uns am gegenüberliegenden Hang zu orientieren. So weit weg sind wir gar nicht mehr vom Weg. Bananenbaum?

Aber gerade hier war noch ein Erdrutsch. Vorsichtig, der Baum ist morsch. Aber so kurz vor dem Ziel aufgeben gibts nicht. Pao klettert vor und irgendwann nach einer Viertelstunde herumprobieren steht sie freudig am Weg. Jetzt wir. Auch die kleine Hündin ist immer noch dabei. Auch eine echte Abenteurerin. Jedenfalls kennen wir den Weg jetzt wieder. Wie wir zurückkommen keine Ahnung, aber jetzt sind wir mal da. Es geht weiter zu den Wasserfällen. Die haben nicht so viel Wasser wie letztes Mal, die Regenzeit ist jetzt endgültig vorbei. Wir stehen vor dem letzten Wasserfall, den wir kennen. Darüber gehts weiter, das wissen wir. Sollen wirs heute wagen? Nochmal durchs Dickicht ohne Machete? Nein, irgendwie sind wir für heute dreckig genug. Dafür lassen wir die Drohne steigen und erkunden so den nächsten Wasserfall. Jetzt haben wir ihn zumindest gesehen. Und mit der Drohne kann man aus echt coolen Perspektiven filmen.

Neben Wasserfällen machen wir auch einen ungewollten Ausflug in die Tierwelt Ecuadors: Eine gar nicht so kleine Spinne hat sich in Paos Jacke verkrochen und sie gebissen. Das wird mit lautem kollektivem Schreien bedacht. Und verursacht noch mehr Adrenalin als der abgerutschte Hang. Ist das Viech jetzt vielleicht noch giftig? Hat jemand eine Ahnung? Ein Foto an einen Bekannten geschickt kommt schnell Entwarnung: Mehr als eine Sekunde Schmerz zufügen kann die Spinne nicht. Sehr gut.

Mitten auf dem Berg erreicht uns schließlich ein Mail der österreichischen Botschaft, dass es in Ecuador gerade Proteste gibt. Wir mögen auf uns aufpassen. Tja, liebe Botschaft, vielen Dank aber wir haben gerade andere Probleme. Wir stehen bei den Wasserfällen und wissen nicht genau, wie wir wieder runterkommen sollen. Aber zuerst einmal lasse ich es mir nicht nehmen im Wasserfall zu duschen. Das werde ich vermissen in Österreich. Ist das dort überhaupt erlaubt?

Der abgerutschte Hang, da war ja was. Wie kommen wir da jetzt wieder hinunter? Nochmal über den semi-freigeschlagenen Pfad am Berghang? Darauf hab ich nicht unbedingt Lust. Da eher durch den Fluss. Problem ist halt, dass genau an der Stelle ein Wasserfall ist. Du kannst doch nicht den Wasserfall hinunterspringen, sagt Felix. Nicht? Springen vielleicht wirklich nicht, aber mit ein bisschen klettern geht das schon. Und nass bin ich eh schon. Nach ein wenig Überredungs- und Kletterkünsten sind wir unten. Geht doch. Und war wirklich einfacher als der Bergweg.

Nur Blake sehen wir nicht mehr. Bis jetzt haben wir noch nie jemanden verloren, aber irgendwann ist immer das erste Mal. Irgendwo taucht Blake dann auch wieder auf. Der Rückweg nach SALEM ist ein leichtes. Wege geschlagen, Spinnen bekämpft und Wasserfälle bezwungen – und das alles vor dem Mittagessen. Den Paro muss man eben irgendwie ausnutzen. Meine Wanderhose ist durchnässt und dreckig. Das spricht für einen guten Tag.

Flusssurfen

Ein Kommentar

  1. Liebe Julia, vielen Dank für Deine tollen Reiseberichte, da kann ich richtig “mitführen”…..
    Alles Liebe Franz

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