Einen Geburtstagskuchen backen und einen Zitronensaft fürs Mittagessen machen, das sind meine Aufgaben für heute. Ich bin für einen Tag zur Küchenbeauftragten auserkoren, weil Fernanda die Kinder auf einen Ausflug begleitet. Küchenchefin heißt auch Chefin über die Musik-Playlist, die in der Küche läuft und die gezwungenermaßen alle anderen im Büro darüber mithören. Und deswegen dürfen und müssen heute alle ABBA hören. Me encanta!
Ein Kuchen muss also her. Drei Kolleginnen haben Geburtstag, am Nachmittag wollen wir feiern. Als Vorbereitung hat mir meine Mama von daheim mal alle möglichen Rezepte geschickt. Die Auswahl ist aber nicht so einfach, denn ich habe keine Lust mit dem Schneebesen Schnee zu schlagen, wenns nicht unbedingt notwendig ist. Und Butter haben wir auch keine da. Nach einiger Suche im Internet werde ich fündig, doch wie viel davon mach ich jetzt für diese riesige Form?
Die Küchenwaage steht da oben, wo ist jetzt das Mehl? In dem Kübel wo Mehl draufsteht ist Reis. Da wo Reis draufsteht ist… auch Reis. Nach zwei weiteren Kübeln mit Reis finde ich noch Linsen und schließlich irgendwo Mehl. Lista. Den Kuchenteig zusammengerührt, eigentlich mehr nach Improvisation als nach Rezept. Ich hoffe mal das funktioniert so, denn meine Backpraxis lässt ein bisschen zu wünschen übrig. In Wien backt meine Mitbewohnerin nämlich so 24/7, da komm ich drum herum. Hier nicht. Ab nächster Woche sollen wir nämlich auch einmal pro Woche für die Kinder Nachspeise machen. Und davor hab ich Respekt, denn eigentlich mag ich für viele Leute kochen oder backen nicht besonders. Da hab ich immer meine eigenen Perfektionsansprüche, denen ich nicht gerecht werde. Aber Freiwilligeneinsatz heißt eben raus aus Comfort Zone, auch beim Backen. Heute dürfen mal die Kolleg_innen probekosten, nächste Woche dann die Kinder. Wird schon passen. Wo finde ich jetzt den Kakao? Und wie viel Backpulver? I still have faith in you, singt ABBA im Hintergrund. Na dann muss es ja was werden.
Ich schaue das Gasbackrohr skeptisch an und hoffe, dass es nicht ganz so eigenwillig ist wie meines in Wien. Die Hoffnung bewahrheitet sich so halb, nach 10min kommt Jonas und zeigt mir was man machen muss, damit der Zünder aufhört dauernd zu klicken. Muss man wissen, jedes Gerät hat hier so seine Macken. Aber Kuchen im Rohr, jetzt gehts an den Saft.
Zitronen aus dem Garten holen, hat mir Fernanda aufgetragen, und Saft machen. Hört sich doch einfach an. Doch wie bekomme ich die Dinger jetzt vom Baum? Irgendwie mit dieser langen Stange mit Käfigdings dran. Kollege Maykeel hilft. Gar nicht so einfach die Zitronen einzufangen, die wollen nämlich nicht. Und Maykeell, die sind doch noch grün? Das macht nichts, erklärt er mir. Sobald sie saftig sind, kann man sie verwenden, egal welche Farbe. Ok, dann pflücke ich noch ein paar. Rein da, in den Käfig und nicht wieder raus! Letzte Woche habe ich schon Maracujasaft gemacht, das kenn ich also schon. Früchte waschen, schälen, rein in den Mixer, Wasser dazu, durchs Sieb pressen, mit Wasser auffüllen. Das ist das einfache Rezept für richtig geile Fruchtsäfte. Am Schluss kommt noch Panela dazu, das ist ein zuckerähnliches Pulver, das aus Zuckerrohr gewonnen wird. Und weil die Zitronen eben sauer sind, nehme ich heute bisschen mehr davon.
Mittlerweile habe ich schon zum vierten Mal geschaut, ob der Kuchen fertig ist. Der braucht nämlich schon doppelt so lang als er sollte. Gasherd eben. Die Dinger und ich werden wohl keine Freunde mehr. Irgendwann ist er dann doch fertig und nur ein bisschen zerstört den vier Gabelproben. Naja. Der Abwasch ist wie immer mehr Arbeit als das backen selber, aber zu ABBA-Vibes geht das auch. Küche sauber, me gusta.
Eine Stunde habe ich noch Zeit, und gehe mit Luis einige Musik-Arbeitsblätter durch. Die sind nämlich auf Deutsch und deswegen konnte er sie bis jetzt nicht verwenden. Wir überlegen gemeinsam, was uns sinnvoll für die Kinder erscheint und was nicht. Dann kommen diese auch schon vom Ausflug zurück und sind super hungrig. Das Mittagessen hat Fernanda schon vorgekocht, wir müssen nur noch aufwärmen.
Nach dem Mittagessen machen wir mit Sulema, unserer Chefin, Capacitaciones. Das ist sowas wie pädagogische Fortbildung, sie gibt uns Tipps für den Umgang mit den Kindern und wir können unsere Anliegen mit ihr besprechen. Super hilfreich. Heute geht es um Fokus-Übungen und Spiele. Und damit wir wissen wie das ist, probieren wirs gleich selbst aus. Wir werfen also zu dritt Stäbe durch die Gegend und fangen, hüpfen durch Hula Hoop Reifen und versuchen uns am Schnurspringen. Bei letzterem Versage ich übrigens gnadenlos, keine Ahnung wann ich das das letzte Mal gemacht habe. Werde wohl mit den Kindern üben. Aber wir haben einen Heidenspaß. Vielleicht sollten wir einfach alle öfter spielen.
Dann ist auch schon die Geburtstagsfeier. Meinen gabel-zerstörten Kuchen kaschiere ich mit Kerzen und alle freuen sich total darüber. Also über den Kuchen, nicht die Kerzen. Das Geburtstagslied funktioniert nicht ganz so, weil Luis nicht da ist und Felix und ich den spanischen Text nicht können. Aber egal, wir klatschen im Takt. Und freuen uns. Umso mehr freue ich mich, dass der Kuchen sehr essbar ist und ich zahlreiche Komplimente bekomme. Mission accomplished, kann jetzt offiziell Schokokuchen backen. Wir sitzen noch eine Weile beisammen, quatschen und lachen. Ich mags halt echt, hier zu arbeiten.
Liebe Julia, Danke für Deine supernetten Zeilen, da lebe ich total mit beim Backen in der Küche………und es freut mich dass es Dir wieder besser geht. Liebe Grüße Franz
Liebe Julia,
weißt du, wie ich mich über deine Geschichten und Bilder freue? Sie bringen richtig Abwechslung in Roberts und meinen Kärnten-Urlaub (der verläuft ja nicht gerade weltnarrisch, aber auch schön). Morgen geht es zurück nach Wien, da ist dann wieder Enkel-Betreuung angesagt (meine, die sind noch kleiner als die Wittauer oder Mödlinger Enkel).
Ganz viele liebe Grüße und weiterhin gute Erlebnisse,
Eva und Robert
Liebe Eva, lieber Robert,
Das freut mich sehr! Viel Spaß noch im Kärntenurlaub und mit den Enkeln!
Liebe Julia,
vielen lieben Dank für diese fröhliche Geschichte. Es liest sich so herrlich wie du in der Küche am Werken bist. Hast mir ein paar schöne Minuten geschenkt!!
LG Andreas
Das freut mich 🙂
Liebe Grüße!