Alltagsgeschichten

Manch einer fragt sich vielleicht mittlerweile, ob wir nur mehr auf Abenteuer sind. Nein, wir arbeiten auch noch. Aber das ist nicht immer so spannend. Und abgesehen davon machen wir viel Tela und Webmingo und managen den Alltag mit den Kindern in SALEM. Hier eine chaotische Zusammenfassung der letzten Wochen.

Das mit dem Tuch

Meine Leidenschaft seit einigen Wochen ist Tela, in Österreich Aerial Silk genannt. Dabei klettert man auf einem langen Tuch herum und macht Figuren. Mittlerweile habe sich Donna, Felix und Pao auch dafür begeistert und so bevölkern wir am Wochenende meist tuchturnend den Park. Mit unserem Tela-Lehrer Edgar, der irgendwo zwischen “geht schon ihr könnt das” und Herzinfarkt schwankt. Mittlerweile haben wir wirklich schon alle ein paar coole Figuren drauf und meine Arme merken, dass sie Muskeln haben. Noch nicht so viele, um mich in der Luft kopfüber zu hängen, aber das wird noch.

Jedenfalls ist Tela auch Abenteuer, zumindest wenn man es von der Brücke hängt so wie wir letztens. Wir lassen auch wenig unversucht, muss man schon sagen. aber keine Angst Mama, alles unter Kontrolle. Und Kopfüber über dem Fluss hängen ist noch lustiger als im Park.

Und die Kids?

In SALEM spielt sich langsam der Alltag ein. Die Workshops laufen so mehr oder weniger. Die Kinder kämpfen immer noch mit der Umstellung auf Präsenzunterricht, vielen Neuerungen und Stress. Das wirkt sich natürlich auch bei uns aus, weil sie manchmal grantig oder müde ankommen und gar nichts machen wollen. Dann wird eben gemalt oder nur ein bisschen gesungen. Oder manchmal mach ich auch gar keinen Musikworkshop, weil ich damit beschäftig bin, ein weinendes Kind zu trösten, ein anders zu verarzten und mit den Teenies darüber zu tratschen, dass sie sich in meinen Kollegen verguckt haben. Muss auch mal sein. Dazwischen spielen wir dann manchmal noch Memory nach Regeln der Kinder oder kuscheln. Manche von den kleinen Kids suchen einfach manchmal Kuscheleinheiten und zugegebenermaßen: Ich finde das sehr süß.

Weniger süß finden die Kinder die Zahnärztin vom Gesundheitszentrum, die vorbeischaut. Hier ist alles ein bisschen mobil: Die Nähstube wird schnell zur Zahnarztpraxis, der Augenoptiker rollt die Buchstabentafel im Garten aus. Alles ein bisschen improvisiert. Und mit Überredungskunst gehen die Kinder dann auch zur lieben Zahnärztin. Unsere kuschelbedürftige Kleine macht den Anfang und ist so begeistert, dass sie gleich bei allen anderen assistiert und auch Ärztin werden will. So kanns gehen.

Noch mehr Überredungskünste brauche ich neuerdings beim Mittagessen: Ich bin nicht mehr bei Sandkiste und Puppenhaus eingeteilt, sondern in der Küche. Die ist ein größeres Verkehrschaos als der Knoten Prater in Wien und Silvana und ich stehen dazwischen, kommen uns vor wie eine Mischung aus Strewardessen und Verkehrspolizist_innen und versuchen irgendwie die Kinderströme aus beiden Türen zu kontrollieren. Dabei wäre das Ganze ja einfach: Eine Schlange für die Suppe, eine für die Hauptspeise und eine fürs Abwaschen. Nur wollen eben alle alles gleichzeitig machen. Und sich dabei unbemerkt keinen Salat nehmen. Der ist böse. Noch böser sind rote Rüben und Melanzani. Daran sterben kleine Kinder mit großer Sicherheit. Also waaarte, deine Freundin dort ist nicht fertig mit dem Abwaschen. Danaach. Ja du kannst schon vor zur Suppe. Nein, ihr wartet bitte draußen. Noch einen Moment. Salat nicht vergessen. Doch, du probierst das Gemüse. Zumindest ein bisschen. Warum sind schon wieder 10 Kinder in der Küche? Rote Ampel, Vorrangeben, vielleicht sollten wir einfach auch gleich Verkehrserziehung machen.

Der Kuchenbedarf von SALEM ist nach wie vor so hoch, dass Donna und Felix überlegen einfach einen Kübel voll Backmischung anzumachen. Oder wir schaffen Blake das Kuchenbacken an. Hat er doch letztens schon gemacht. Oder vielleicht haben doch Nazli und ich geholfen? Egal, der Kuchen war gut. Auch wenn es zwischen den ganzen Kuchen mal Verwirrungen gibt, ob das nicht auch mit Hafermehl geht.

Und nach der Arbeit?

Wir haben mit dem Team Yumbos-Brownies gebacken und herausgefunden, dass das Ingwerbier im Quezal sehr zu empfehlen ist. Besonders wenn es zwei zum Preis von einem gibt. Geil. Außerdem treffe ich mich jetzt öfter mal mit Sule. Sie ist so ein bisschen meine Mamita, die mit guten Ratschlägen und viel Lebenserfahrung zur Seite steht. Und wir schaffen es auch, mal nicht über die Arbeit zu reden. Mit den SALEM-Frauen, oder besser bekannt die “brujas (Hexen) von SALEM” haben wir außerdem einen sehr gelungenen Mädelsabend veranstaltet. Warum uns das nicht früher eingefallen ist.

Am Wochenende ist auf der Hauptstraße mal wieder Party – einfach weil der Paro vorbei ist. Eine Tanzgruppe aus Chile ist da und beim Publikumstanz muss ich auch mittanzen. Videos davon kursieren jetzt überall, das Dorf ist klein. Und Pao hat eine kleine Katze namens Luna, die wirklich klein ist, laut schreit und alle Herzen im Sturm erobert.

Und es wird langsam Sommer. Das heißt für Mindo, dass es weniger regnet. Manchmal den ganzen Tag nicht. Dann hat man Chancen auf richtig schöne Sonnenuntergänge auf dem Dach. Ein bisschen wie Sommerabende in Österreich.

Zum Abschluss Fotos von alle möglichen und vor allem von der kleinen Katze, die mich immer noch über alles liebt und ich sie auch.


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