Eddyn Cortez setzt sich gegen den Bergbau im Choco Andino ein. Er ist Panelaproduzent und erklärt mir die Auswirkungen des Bergbaus auf sein Gewerbe, aber auch auf sein Dorf, die sozialen Strukturen und vieles mehr. Als Aktivist hat er es mit Anzeigen bis hin zu Morddrohungen zu tun. Trotzdem setzt er sich weiter für den Schutz der Natur ein – koste es, was es wolle. Mehr auf Radio Orange 94.0. Und für alle, die lieber lesen, hier das transkribierte Interview:
Cortez : Ja, mein Name ist Edydn Cortez, ich bin aus der Region Pacto und Vizepräsident der Anti-Bergwerks-Bewegung und Repräsentant aller “technicultores” aus Pacto. Außerdem bin ich Produzent von organischem Panela und Vertreter hier meine Oganisation, die COPROPAP heißt.
weltnarrisch: Nachdem ihr viel mit der Natur und natürlichen Produkten arbeitet: Welchen direkten Einfluss hat der Bergbau auf eure Arbeit?
Cortez: Der Einfluss der Bergwerke ist sowas wie ein Monster für uns. Weil wir haben es geschafft, unseren Markt zu haben, eine Quelle unserer Arbeit. Hier in Pacto sind etwa 80% der Bevölkerung mit der Produktion von Panela beschäftigt. Es gibt fünf verschiedene Panela-Organisationen. Die, die ich vertrete, die COPRPÒPAP, ist die einzige, die direkt exportiert. Und in jeder Panela- Unidad arbeiten drei bis fünf Familien. Das sind viele Betroffene. Also ist das die Gefahr, die wir haben, durch diese Bergbaufirmen. egal, welches Mineral das ist, sei es Kupfer, oder Gold, oder was auch immer, denn es kann in keine Gemeinde, wo Bergbau betrieben wird, ein Bio-Zertifikat geben. In keinem Moment kann das nebeneinander existieren. Also das trifft uns sehr hart. Und genau deswegen bin ich gerade… ich fühle mich als Verteidiger. Als Verteidiger der Natur. Schon seit meiner Kindheit habe ich gegen den Bergbau gearbeitet. Ich liebe alles, was Natur und Wälder sind, das gibt mir viel und ich verteidige es.
weltnarrisch: Wie schön. Also wie Sie sagen, die Panelaproduktion ist meist Familiensache, oder? Normalerweise arbeitet ja die ganze Familie da mit. Welche sozialen Auswirkungen hat das denn dann, wenn die Panelaproduktion durch die Bergwerke in Gefahr ist?
Cortez: Das hat große Auswirkungen. Das Erste, was die Leute von den Bergwerksfirmen machen, ist sozusagen die Herzen der Einheimischen zu vergiften. Sie kommen und zerstören das soziale Netz. Das machen sie als Erstes. Sie bieten den Leuten an, ihnen ein Monatsgehalt zu zahlen. Aber dann werden sie die Leute nicht einstellen. Also sie lügen. So spalten sie die Gemeinschaften, indem sie Arbeit anbieten. In denselben Familien, wo vielleicht ein Aktivist ist. Mir selbst ist das auch schon passiert. Meiner eigenen Familie haben sie Arbeit angeboten. Und sie lassen sich überzeugen. Das sind schwache Leute, die nicht an die Zukunft denken, nicht einmal an den nächsten Tag. Die akzeptieren einfach diese Arbeit, aber es fällt ihnen nicht auf, dass das nur ist um zu spalten. Und sie werden sie bis zum Rest ihres Lebens ausnutzen.
Aber, uns hat das in großem Ausmaß betroffen, diese Spaltung der Gemeinschaften. Und wie ich gesagt habe, ich stelle mich da sehr nach vorne und jetzt gerade habe ich zwei Gerichtsprozesse. Ich habe zwei Gerichtsprozesse, wegen der Bergwerksfirma.
weltnarrisch: Andere Aktivist_innen haben mir ähnliches erzählt, dass ihnen die Polizei nach Hause geschickt wurde, dass sie wegen allem möglichem angezeigt wurden… Was ist Ihnen in der Richtung schon passiert?
Cortez: Ja, wir haben alle fast dieselben Probleme. Gott sei Dank haben wir jetzt gerade zumindest die Bergwerksfirmen aufgehalten. Man kann sagen sie sind blockiert. Seit 20, 25 Jahren arbeiten sie hier illegal. Aber wir hatten nie Rückhalt oder Unterstützung von der Regionalregierung. Bis vor zwei Jahren, als der jetzige Präsident ins Amt gekommen ist. Und Gott sei Dank sind wir mit ihm ein gutes Team.
Die Polizei.. Wir beschlagnahmen Material und bringen es dem Staat. Die Polizei hat mich schon vier Mal bis zu meinem Haus verfolgt. Zu meinem Zuhause, um Information zu bekommen. Sie haben mich bedroht, als ich hineingegangen bin… weil ich bin ein Naturführer. Ich bin ein Führer für alle Behörden, die kommen. Da haben nicht alle den Mut dazu. Und dann fällt es mir zu, wenn die Minister kommen, mit den Umweltfunktionären, und der Polizei. Und drinnen haben sie mich bedroht, dass sie mich umbringen werden. Das wissen die anderen Aktivist_innen, auch Dani, mit ihr habe ich viel darüber geredet. Sie haben mich angerufen, um mich an irgendeinen Ort zu zitieren um zu reden, aber ich bin eine Person die schon viel Erfahrung hat. Gerade am Land. Ich weiß viel über das Land. Und ich habe meine Strategien, um an Informationen zu kommen. Denn ich bin die Person, die alle Information herausfindet. Wo die Firmen arbeiten und so weiter. Und ja, ich begebe mich viel in Gefahr. Das tut mir mehr für meine Familie leid. Ja, für meine Familie tut es mir wirklich leid. Weil sie sind diejenigen, die zu Hause bleiben müssen, wenn ich rausgehe und…. naja.
weltnarrisch: Also wissen Sie welche Firmen arbeiten und wie? Können Sie mir etwas darüber verraten, wie die Firmen illegal arbeiten – ohne sich selbst in Gefahr zu bringen indem Sie mir diese Infos weitergeben – bitte.
Cortez: Natürlich. Die Namen der Firmen kann ich sagen. die eine ist Melina Chango, die andere ist die Natura del Sol. Das ist auch die, die uns angezeigt hat, die Natura del sol. Die haben ein Kulturerbe beschädigt, eine archäologische Ausgrabungsstätte. Also, sie haben diese Plätze zerstört, die als Kulturerbe anerkannt waren. Wir waren dort und haben das gesehen, was sie gemacht haben. Und deswegen haben wir beschlossen, sie zu konfrontieren. Damit sie nicht noch mehr zerstören. Die anderen, die Melina Chango, machen Tunnel durch Wasserquellen. Auf den Quellen haben die ihre Minen gemacht und eisenhaltiges Material extrahiert. neben den Minen hatten die eine Menge Säcke damit. In einer hatten sie 2000 Säcke, in einer anderen auch einiges, aber sie hatten mehr als 3500 Säcke. Das ist das Material, dass sie sich schon genommen haben. Dieses Material ist nie bei der Gemeinde angefragt worden. Schon gar nicht war die Gemeinde einverstanden. Aber sie haben die Pandemie-Zeit ausgenutzt, als die Leute alle in ihren Häusern waren. Sie haben uns Angst gemacht, also sind die Leute alle zuhause geblieben und die haben das ausgenutzt, um sich das ganze material zu nehmen, Und naja, wir haben sie entdeckt. Wir sind hineingegangen und haben das alles gesehen. und das tut ihnen sehr weh, weil sie vorher viele Jahre keiner entdeckt hat. Und eines Tages hat sie halt jemand entdecken müssen.
Das sind eigentlich staatliche Sachen, Sachen der Behörden. aber wenn wir auf den Staat warten, die werden es nie machen.
weltnarrisch: Aber was macht der Staat. Weil rein legal kann man ja keinen Bergbau in geschützten Territorium betreiben. Also warum tut der Staat nichts dagegen?
Cortez: Der Staat hat noch nie die Landwirtschaft unterstützt. Der Staat fokussiert sich auf die Erdölindustrie, darauf, das Gold zu extrahieren. Um das alles zu verkaufen und die Landwirte verschwinden zu lassen. Das hat mich viel zum Nachdenken gebracht. Und ich habe schon den Funktionären ins Gesicht gesagt, wie wenig Anstand sie und der Präsident eigentlich haben. sie müssten die Produktion unterstützen, die Produktion wird uns aus der Armut holen. Nicht die Ausbeutung der Bergwerke. Weil die gibt es nur ein paar Jahre und dann, wo sind wir dann? Dann werden wir nirgends hin können, auch nicht emigrieren. So wie wir arbeiten, haben wir das ganze Leben etwas davon. Aber der Bergbau ist nur für einige wenige Jahre, und für einige wenige Taschen. Es gibt wenige Leute, die davon profitieren.
Sie haben es von allen Seiten versucht. Dort, wo wir unsere Ware verpacken, hatten wir eine Bedrohung. Sie haben die Fenster zerstört, sie wollten unsere Dokumentation mitnehmen… Wir haben alle ein Panela-Feld und von dort nehmen wir das schon fertige Produkt mit zum verpacken. Aber, um das alles zu machen brauchen wir eine sehr sichere Fuhre, denn wir haben Angst, dass sie irgendwas mit dem Panela machen. dass sie es kontaminieren oder so irgendwas.
weltnarrisch: Ich habe nur noch eine etwas offene Abschlussfrage: Was sind ihre Wünsche in der Causa Bergwerke, gegen die Sie kämpfen? Was wünschen Sie sich?
Cortez: Unser Wunsch… wie ich schon am Anfang gesagt habe, ich fühle mich als Verteidiger. Und mein Wunsch ist, das Pacto frei von Bergbau wird. nicht unbedingt für mich, aber für die zukünftige Generation, die nach uns kommt. Unsere Kinder und Enkel. Und die ganze Bevölkerung von Pacto, weil Pacto ist eine Lunge für die Hauptstadt der Ecuadorianer. Hier haben wir immer noch viele verschiedene Spezies, Vögel, also mein Wunsch ist, dass es frei von Bergbau ist. Und dass wir zusammenstehen, jeden Tag. nicht nur die Ecuadorianer, sondern weltweit. Denn es ist Zeit. Es ist Zeit, dieses ganze Territorium zu retten. Dieses wunderschöne Territorium. Denn wenn wir jetzt nicht zusammenstehen, alle Länder der Welt, werden wir nicht ankommen gegen diese Firmen, gegen diese Mafia, weil die sind eine Mafia. Wir sind wenige, die sich entschieden haben, dieses Territorium zu verteidigen und alle Territorien weltweit. Ich bitte alle, überall wo ihr mich hört, dass ihr zusammensteht. Der Kampf ist ein gemeinsamer, für alle. Damit wir ein schönes Erbe hinterlassen. Für unsere Zukunftsgenerationen. Denn wenn wir das jetzt nicht machen, wenn wir jetzt nicht den ersten Schritt machen, morgen ist es spät, nicht?