Reisen gehn, nix verstehn.

Bevor das ganze Uni-Chaos losgeht ein Kurztrip nach Laibach. Das haben Vanessa und ich beschlossen, eigentlich als Kurzschlussreaktion auf die Wien-Energie-Rechnung. Nach dem Motto, wenn die so viel Geld kriegen können wir auch Geld fürs Reisen ausgeben. Nach dieser zugegebenermaßen nicht ganz logischen Schlussfolgerung finden wir uns also Donnerstag Nachmittag im Flixbus wieder.

Zum Essen haben wir gerade noch eine Packung sündteure Pringles ergattert. Hierzulande kann man nämlich nicht erwarten, dass ab irgendeinem Punkt Leute in den Bus einsteigen und Essen verkaufen und du nicht verhungerst. Nein, die Chipsdose muss uns jetzt bis nach Laibach bringen. Dafür stelle ich den Rucksack hier ganz selbstverständlich auf den Boden. Dass in jemand von hinten aufschneidet, ist unwahrscheinlich, meint auch Vanessa.

Bäume und Berge ziehen am Fenster vorbei, Österreich und Slowenien können schöne Natur schon auch. Und während wir auf der mehrspurigen Autobahn schnurgerade dahindüsen denke ich an die vielen verwinkelten Bergstraßen, die mir Ecuador und Peru geboten haben. Auf die sich die Busse hinaufgekämpft haben und ich nicht mehr runtergeschaut habe. Hier ist trotz Bergen im Umkreis alles irgendwie geebnet, Tunnel, Lärmschutzwände. Es hat seine Ordnung. Die Autobahnschilder kann ich irgendwann nicht mehr lesen, wir sind in Slowenien. Die Landesgrenze haben wir easy passiert, ich verschlafe sie, keine Kontrolle. Willkommen in Europa.

Vier Stunden nach der Abfahrt sind wir in Laibach. So eine kurze Reise. Und schon in einem anderen Land. Einem Nachbarland von Österreich. Und trotzdem verstehe ich kein Wort. Nicht mal annähernd. Im Supermarkt und mit dem Air-Bnb-Host kämpfen wir uns auf englisch und mit Händen und Füßen durch. Ich finde es komisch, nicht einmal in der Landessprache bestellen oder zahlen zu können. “ulica” heißt Straße und “hvala” danke. Da kommen wir irgendwann drauf. Dann ist es auch schon wieder aus mit meinem Slowenisch. In Lateinamerika konnte ich mit den Leuten sprechen. Nicht nur bestellen und im Supermarkt zahlen, sondern auch über ihr Leben, ihre Träume, alles was sie so bewegt und mich auch. Wir haben uns verstanden. Hier, vier Stunden von meiner Heimatstadt entfernt, bringe ich kein Wort heraus und zeige leicht beschämt auf die Semmeln, die ich kaufen möchte. So eine verkehrte Welt aber auch.

Die Stadtführerin am Nachmittag kann gut Englisch, so löst sich das Sprachproblem ein wenig auf. Sie erzählt uns auf humorvolle Art und Weise etwas über die Geschichte und Bräuche der Stadt. Eine große Rolle spielt, wie immer in der europäischen Geschichte, das Kaiserreich Österreich-Ungarn. Hab ich eher selten gehört in letzter Zeit. Wobei die Habsburger ja sogar in Brasilien waren, habe ich unlängst gelernt. Zurück nach Laibach, wo im Mittelalter Ehebrecher_innen auf einem Esel reiten mussten und alle möglichen Gebäude schnell mal in ein Gefängnis umgewandelt wurden. So auch die Burg, die die Habsburger_innen eigentlich abreißen wollten.

Laibach ist Wien sehr ähnlich. So wie viele europäische Hauptstädte, die eine ähnliche Geschichte teilen. In Budapest habe ich das auch gemerkt. Es ist der typische Flair an einer gepflegten, historischen Innenstadt, irgendwo mittendurch ein Fluss und Parks muss man meist auch nicht lang suchen. An irgendwelchen Häusern steht noch k. u. k. dran und sie stehen unter Denkmalschutz und was man unbedingt probieren muss ist irgendein typischer Alkohol. In diesem Fall Heidelbeerschnaps. Ok.

Ich will Baden. Es ist kalt. Slowenische Bergseen sind anders kalt als ecuadorianische Wasserfälle. Obwohl zweitere meist mehr Höhenmeter bieten. Aber die hiesigen Breitengrade haben dafür viel Wind. Und der bläst recht schnell hinter dem Busch hervor und wirbelt gleich noch ein paar Herbstblätter auf. So ist der Badeausflug nur recht kurz und Vanessa am Ufer sehr unterhalten. Die kurze Busfahrt zurück nach Laibach verschlafe ich mal wieder. Ich glaube, mein Körper denkt immer noch an 10stündige Busfahrten, bei denen man gut schlafen sollte. Und ist sehr verwirrt, wenn ich nach gut einer Stunde aufwachen und aussteigen soll. Nagut.

Spazieren gehen und gut Essen. Das ist hier vielleicht billiger als in Wien. Zumindest ein bisschen. Vollgeschlagen mit Palatschinken, weil wir verschiedene Sachen zu feiern hatten, gehts schließlich auf Abschlussspaziergang und die Heimreise. Im Bus gibts diesmal keine zugewiesenen Sitzplätze, was dazu geführt hat dass alle (!!!) im Bus befindlichen Menschen sich mal eine ganze Reihe reserviert haben. Wir finden schließlich ganz hinten noch zwei Plätze nebeneinander. Als sich der Bus füllt nutzt es den leicht asozialen Sitzplatzbeansprucher_innen auch nix mehr und trotz heftigen Diskussionen müssen sie sich mit Sitznachbar_innen zufrieden geben. Ist ja auch ein Flixbus, nicht die Business Class. Ich beobachte, aber verstehe nicht.

An der Grenze stehen wir diesmal eine Weile. Zwar gibts trotzdem keine Kontrolle, aber genug Verspätung, dass die letzte Ubahn knapp werden könnte. Es ist Mitternacht. Wir sprinten also samt Koffer durch die Station, vorbei an einem Typen der versucht mir mit seinem Regenschirm das Haxl zu stellen. Manchmal frag ich mich ja schon. Zum Glück kennt das Wienerische genug Schimpfwörter um ihn im Vorbeirennen mit ein paar davon zu bedenken. Das Gerenne zahlt sich schließlich aus.

In der U-Bahn entdecke ich die kleine Katze auf den Instafotos der neuen Freiwilligen. Ich glaube ihr geht es gut. Zumindest wird sie sehr gekuschelt. Heimkommen. In der kühlen Nachtluft denke ich an die vielen Male, die mich Edwin und Talis auch mitten in der Nacht am Y de Mindo erwartet haben. Und wir dann noch ein Weilchen geblödelt haben, bevor es auf den Motos hinunter nach Mindo gegangen ist. Mal nasser, mal weniger nass. Heute werden wir nicht nass. Der Heimweg hier involviert ein kleines Wettrennen mit der Bim, die sich bimmelnd den Weg in die Remise bahnt und an meinem Schlafzimmerfenster vorbeidonnert. Sie ist schneller als wir.

Die Tür geht auf, daheim. Es ist komisch, nun nicht das übliche Reise-Heimkommen abzuspielen. Rucksack ins Zimmer, Katze begrüßen, Wäsche schnell in die Waschmaschine. Stattdessen schnell das Essen in den Kühlschrank, Zähneputzen, ich ins Bett. Wo ich gerade nicht schlafen kann. Eine Katze begrüßt mich nicht. Noch nicht. Es gibt nämlich hier auch Katzennews: Ich werde Tante. Mehr wird nicht verraten, aber deshalb sollte ich jetzt auch wirklich schlafen gehen. Mit Gedanken an Reisen und Heimkommen hier und dort. Die Welt ist groß. Und unterschiedlich. Und oft verstehe ich sie nicht. Aber deswegen geht man ja auf reisen, um ein bisschen mehr zu verstehen. Und seien es am Schluss nur zwei Wörter, viele Vergleiche und schöne Eindrücke.

2 Kommentare

  1. Du Mutige du, dass du schwimmen gehst!!

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